Ausbau der Stromnetze: DIW sieht keinen Grund zur Eile
Nach Ansicht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) besteht beim Ausbau der Stromnetze in Deutschland kurzfristig keinen Grund zur Sorge. Die Modernisierung und der Ausbau der Stromnetze kämen in Deutschland langsam, aber kontinuierlich voran. Trotz des Atomausstiegs werde es keine Netzlücken geben.
„Es ist genug Zeit, den weiteren Netzausbau gründlich zu planen“, sagt Christian von Hirschhausen, Forschungsdirektor am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). „Ohne Eile kann der Netzausbau in Deutschland und Europa auf den Prüfstand gestellt werden.“ Am 1. Juni 2012 wollen die Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland einen neuen Netzentwicklungsplan vorstellen und in die öffentliche Diskussion einbringen.
Zusammen mit einem Forscherteam hat von Hirschhausen drei Szenarien für den Netzausbau untersucht: den Status Quo der aktuellen Ausbaupläne in Deutschland (Energie-leitungsausbaugesetz) und Europa (Ten-Year-Network-Development-Plan), eine erhöhte Stromproduktion in Süddeutschland aus Gas, Wind- und Sonnen-energie, und, drittens, den Bau von drei Leitungen für die Hochspannungsgleichstromübertragung mit insgesamt zehn Gigawatt. In allen drei Szenarien wird eine Dezemberwoche im Jahr 2030 simuliert.
Im ersten Szenario übernehmen die Nord-Süd-Stromleitungen den größten Teil der Stromübertragung. Deutschlandweit müssten rund sieben Prozent des Stroms importiert werden. Im Südszenario zeigt sich, wie bei verstärkter Konzentration der Erzeugungskapazitäten in Süddeutschland der Netzausbaubedarf sinkt. Vor allem einige Nord-Süd-Leitungen werden entlastet, wenn Kapazitäten zur Stromerzeugung dort gebaut werden, wo der Stromverbrauch groß ist. Die Netto-Stromimportrate Deutschland sinkt in diesem Szenario auf knapp ein Prozent im Jahresdurchschnitt. Im dritten Szenario kann es zu einem lokal stärkeren Ausbaubedarf auf Zuleitungsstrecken führen. Die Importrate liegt in diesem Fall bei 5,6 Prozent.
Hintergrund: Innerhalb Deutschlands sollen nach aktueller Gesetzeslagein den nächsten Jahren Stromleitungen in einer Länge von gut 2.500 Kilometer aufgerüstet oder neu gebaut werden. Die meisten Projekte liegen im Zeitplan oder weisen eine absehbare Verspätung auf; hinzu kommen weitere internationale Anbindungen, welche der europäische Zehn-Jahres-Entwicklungsplan vorsieht, sowie die Offshore-Projekte.