Missbrauchsverfahren gegen RWE- und E.ON

26.02.2003 von
Das Bundeskartellamt hat ein Preismissbrauchsverfahren gegen die RWE Kraftwerksgesellschaften RWE Power AG, Essen, und RWE Rheinbraun AG, Köln, sowie gegen die E.ON Sales & Trading GmbH, München, eingeleitet. Es besteht der Verdacht, dass diese Unternehmen im RWE- bzw. im E.ON-Übertragungsnetzgebiet für die Bereitstellung von Regelenergie (Primär- und Sekundärregelenergie) überhöhte Preise fordern.

Die Regelenergie wird jeweils für einen 6-Monats-Zeitraum ausgeschrieben und in die Netznutzungsentgelte für die Höchstspannungsebene (sog. Übertragungsnetz) eingerechnet. Die hohen Preise für Regelenergie haben wesentlich zum Preisanstieg der Übertragungsnetzentgelte von über 10 Prozent im Jahr 2002 beigetragen. Diese Netznutzungsentgelte werden auf alle nachgelagerten Stromkunden (Stadtwerke, Stromhändler, Industriekunden, Haushalte) abgewälzt und belasten sie dadurch erheblich.

In ihren Regelzonen verfügen RWE- und E.ON-Konzernunternehmen im Kraftwerksbereich aufgrund von Eigenerzeugungskapazitäten und langfristigen Lieferverträgen mit Kraftwerksbetreibern über eine sehr starke Stellung. Sie stellen i.d.R. zwischen 70 und 100 Prozent der beiden teuren Energiearten bereit.

Im RWE-Gebiet sind nach Berechnungen des Verbandes der industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) die Preise für Primärregelenergie gegenüber dem ersten Angebotszeitraum Februar bis Juli 2001 in den folgenden 6-Monats-Zeiträumen um über 150 Prozent gestiegen. Auch die Preise für Sekundärregelenergie stiegen gegenüber den ersten beiden 6-Monats-Zeiträumen in den folgenden Phasen um 60-90 Prozent.

Im E.ON-Gebiet liegen die Preise für Primärregelenergie um über 100 Prozent über denen der ersten Phase des RWE-Gebiets. Gleichzeitig stiegen die Preise von Ausschreibung zu Ausschreibung um rd. 4 bis 7 Prozent. Auch für die Bereitstellung von Sekundärregelenergie sind die Preise gegenüber der erstmaligen Beschaffung deutlich gestiegen.

Nach erster Einschätzung des Bundeskartellamts vermögen die von RWE und E.ON vorgetragenen Faktoren die erheblichen Preisanstiege für die Bereitstellung von Primär- und Sekundärregelenergie nicht zu erklären. Denn alle angeführten Faktoren (z.B. spezifische Regelenergiekosten, Vermarktungskosten) bestanden bereits in der ersten Ausschreibungsperiode. Änderungen, die deutliche Preiserhöhungen begründen könnten, sind nicht ersichtlich.

Nach Kartellamtspräsident Ulf Böge könnten die beträchtlichen Preissteigerungen aus großen Verhaltensspielräumen der Kraftwerksgesellschaften von RWE und E.ON in der eigenen Regelzone resultieren. Diese Preissetzungsspielräume werden durch die strikte Trennung zwischen den vier deutschen Regelzonen von RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall Europe begünstigt. Die Bildung einer einzigen deutschen Regelzone würde den Gesamtbedarf an Primär- und Sekundärregelenergie reduzieren (z. B. wegen des Durchmischungseffekts von Stromüberschüssen im RWE-Gebiet und Stromdefiziten im EnBW-Gebiet). Hierdurch würden auch die Voraussetzungen für den Angebotswettbewerb nachhaltig verbessert.

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