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Künstliche Angebotsverknappung an der Strombörse?

18.11.2006 von
Bei Nutzung aller verfügbaren Kapazitäten könnte der Strompreis auch mit dem bestehenden Kraftwerkspark deutlich niedriger liegen als es der Fall ist. Eine Vermarktung der als verfügbar gemeldeten, aber nicht genutzten Kapazitäten auf dem Stromspotmarkt könnte den Strompreis dort gerade in Spitzenstunden um mehr als 30 % senken. Im Durchschnitt läge die Senkung des Spotmarktpreises bei rund 13 %. Zu diesem Schluss kommt der VIK Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft nach seiner Analyse der an der EEX veröffentlichten Kraftwerksdaten von Eon, RWE, EnBW und Vattenfall.

Der Auslastungsgrad der Grund- und Mittellastkraftwerke scheint auf den ersten Blick hoch zu sein. Dennoch bleiben große verfügbare Kapazitäten ungenutzt, die sogar zu Peakzeiten noch gut 25 % des gesamten Spotmarktvolumens betragen können und zu sehr attraktiven Preisen auf dem Spotmarkt verkauft werden könnten. Und dieser würde wegen seiner spezifischen Angebots- und Nachfragekonstellation mit starken Preissenkungen auf jedes zusätzliche Angebot reagieren.

VIK hat in einer rechnerischen Simulation die aus VIK-Sicht "freien" Kraftwerkskapazitäten als zusätzliches Angebot auf dem Spotmarkt der Strombörse "verkauft". Neben beträchtlichen Preissenkungen steigt die am Spotmarkt gehandelte Menge um ca. 8,7 Prozent. Deshalb sinkt der Umsatz. Ebenfalls sinken würden die Gewinne der Erzeuger durch diese Aktion am Spotmarkt, und zwar im Umfang von ca. 250 Mio € pro Jahr.

Über den EEX-Spotmarkt hinaus hat diese Aktion indirekte und gleichgerichtete Preiswirkungen auf den Terminmarkt. Dort würden die Preiserwartungen vom Preisniveau des Spotmarktes stark beeinflusst und die Terminpreise könnten so ebenfalls sinken. Eine vergleichsweise kleine Angebotserhöhung auf dem Spotmarkt hätte daher eine große Hebelwirkung auf allen nachgelagerten Märkten. Dort könnte der Preis heute um ca. 7 €/MWh niedriger liegen. Der Gewinn der Erzeuger sänke so schätzungsweise noch einmal um rund 400 Mio €, auf Spot- und Terminmarkt zusammen also um rund 650 Mio € jährlich. Ein Betrag, der den Stromkunden heute fehlt.

Die Analyse des VIK zeigt, dass der Strommarkt mit seinem engen Erzeugeroligopol beträchtliche Anreize für die etablierten Stromproduzenten setzt, ihre Angebotsmöglichkeiten nicht voll auszuschöpfen. Wenn es gelänge, die bestehenden verfügbaren Kraftwerkskapazitäten vollständig auf den Markt zu bringen, könnte sich schon heute ein viel niedrigerer Strompreis als derzeit ergeben. Wettbewerblichere Preise seien also nicht erst in vielen Jahren durch neu gebaute Kraftwerkskapazitäten möglich, sondern schon heute durch eine bessere Nutzung bestehender Kapazitäten.

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