Entflechtung von Netz und Vertrieb keine Enteignung

06.09.2007 von
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat ein Rechtsgutachten vorgelegt, welches die EU-Kommission in ihrer Energiemarktpolitik unterstützt. Die Pläne, nach denen Strom- und Gasnetze von ihren bisherigen Betreibern getrennt werden sollen, stellen demnach auch nach deutschem Recht keine Enteignung dar. Die Studie wurde von der internationalen Sozietät Hogan, Hartson & Raue erstellt.

Die Autoren des Gutachtens beziehen sich zunächst auf den Art. 14 Abs. 2 des Grundgesetzes. Er besagt, dass das Eigentum verpflichte und dass sein Gebrauch zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen solle. Wenn das Allgemeinwohl in einem starken Maße betroffen ist, kann der Gesetzgeber entweder eine Enteignung vornehmen oder eine. Diese setzt dem freien Gebrauch des Eigentum rechtliche Grenzen, welche die Sozialbindung des Eigentums gewährleisten.

Darum handelt es sich juristisch gesehen bei der Die Entflechtung von Energienetzen und –unternehmen, welche die EU-Kommission plant, ist gleichbedeutend mit der "Inhalts- und Schrankenbestimmung", welche das deutsche Recht kennt. Wie das Gutachten erläutert, ist auch der Eingriff in die Eigentumsgarantie verhältnismäßig, die Berufs- und Gewerbefreiheit, Vereinigungsfreiheit und die allgemeine Vertragsfreiheit bleiben gewahrt. "Damit sind die verfassungsrechtlichen Bedenken ausgeräumt", freut sich vzbv-Vorstand Gerd Billen.

Christian von Hammerstein, einer der Autoren, erklärte im Deutschlandfunk, die Entflechtung sei "verfassungsrechtlich schon ein Eingriff in Eigentumsrechte, dass aber dieser Eingriff auch gerechtfertigt werden kann". Das Argument vieler Politiker, aufgrund der verfassungsrechtlichen großen Probleme, sei die Diskussion nicht zu führen, gelte nicht. "Im Gegenteil: Verfassungsrechtlich geht das, es ist eine Entscheidung der Politik, eine Entscheidung über die Entflechtung zu treffen", so Hammerstein.

Die EU-Kommission hat zwei Varianten der Entflechtung vorgeschlagen. Entweder die Stromkonzerne verkaufen ihre Leitungsnetze komplett oder sie trennen Netz und Vertrieb so voneinander, dass Leitungsnetz und Energieerzeugung nichts mehr miteinander zu tun haben. Jede Variante hat ihre Vor- und Nachteile.

Das Argument der Verbraucherschützer für einen Verkauf: Nur so wird der Netzbetreiber unabhängig von jeglichen Versorgungs- und Erzeugungsinteressen. Für die Kontroll- und Regulierungsinstanzen des Energiemarktes verringern sich zudem der bürokratische Aufwand und die Kosten. Doch könnte in Verkauf könnte außereuropäische Energieriesen auf den Plan rufen – Gazprom als EU-weiter Netzbetreiber würde die Wettbewerbsprobleme aber sicherlich nicht lösen. Der vzbv fordert deshalb inhaltliche Vorgaben des Staates an einen künftigen Investor.

Die eigentumsrechtliche Trennung dagegen geht den Verbraucherschützern nicht weit genug. Hier ist die Idee, die Konzerne gliedern ihre Netze in einen unabhängigen Systemoperateur (ISO) aus, der die gesamte Verwaltung und den Betrieb der Netze übernimmt. Hier bliebe die "kritische Schnittstelle zwischen dem Betreiber und der Eigentümerstruktur" bestehen, die weiterhin eine aufwändige Regulierung erforderlich mache, kritisiert der vzbv.

Der Wettbewerb im Strom- und Gasbereich könne aber nur funktionieren, wenn der Netzbetreiber allen Marktteilnehmern die notwendige Infrastruktur von sich aus zur Verfügung stellt. Die Netze müssen zudem dezentralisiert und damit für eine Zukunft der Erneuerbaren Energien gerüstet werden. Das derzeit vorherrschende System großer Kraftwerkseinheiten sei auch unter ökologischen Gesichtspunkten ineffizient, denn es verhindere den Markteinstieg neuer, kleiner und umweltschonender Kraftwerke.

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