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Gorleben sorgt für Zoff in der Regierung
Die neuen Enthüllungen über ein geschöntes Gorleben-Gutachten verschärfen in der großen Koalition den Streit über das mögliche atomare Endlager. Während das Bundeskanzleramt an der Erkundung des Gorlebener Salzstocks festhält, bekräftigte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) seine Ansicht, Gorleben sei "faktisch tot". Grundlage des Zwists ist ein Fernschreiben aus dem Jahr 1983, das politischen Druck der damaligen Regierung unter dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) auf eine wichtige Gorleben-Studie nahelegt.
Es gebe bis heute keinen geologischen Befund, der gegen seine Eignung als Endlager spreche, heißt es in einem am Donnerstag von mehreren Zeitungen zitierten Brief von Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) an Gabriel: "In den vergangenen Jahren waren wir gemeinsam der Auffassung, dass der Salzstock Gorleben weiterhin auf seine Eignung als Endlager für hoch radioaktive Abfälle untersucht werden müsse." Diesen Grundkonsens habe Gabriel verlassen, "ohne dass dafür substanzielle Erkenntnisse vorliegen".
Gleichzeitig wies de Maizière den Vorwurf politischer Einflussnahme auf das fragliche Gutachten zurück. Unbegründete Fälschungsvorwürfe und unbewiesene Vermutungen seien irreführend und unredlich. Gabriel zeigte sich dagegen überzeugt, dass die Regierung von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) das Gutachten für die Genehmigung des Endlagers Gorleben beeinflussen wollte. "Ehrlich gesagt, das entsetzt einen schon", sagte der Umweltminister. "Die Menschen glauben dem Staat nicht mehr. Wir brauchen ja ein Endlager. Wenn sie glauben, der Staat manipuliert die Gutachten, wie sollen wir da Akzeptanz dafür finden?"
Der bayerische Umweltminister Markus Söder (CSU) erklärte, man müsse "zur Kenntnis nehmen: Gorleben ist der am besten untersuchte Standort in Deutschland. Dort ist zwei Jahrzehnte lang intensiv erkundet worden". Der von Gabriel geforderte Gorleben-Ausstieg und eine neue Endlagersuche bedeuteten "eine Verzögerung der Endlagerfrage um 30 bis 35 Jahre. Das kann keiner wollen."
Das Gabriel unterstellte Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) sieht kaum noch Chancen für den Standort Gorleben ohne die Prüfung von Alternativen. Das Vertrauen, dass es sich bei der Erkundung "um ein ergebnisoffenes Verfahren gehandelt hat, ist zerstört", sagte BfS-Präsident Wolfram König. Es nütze nichts, am Ende einen geeigneten, aber nicht durchsetzbaren Standort zu haben, weil ein Gericht Verfahrensfehler feststelle. Die Behörde ist Betreiber des Gorlebener Erkundungsbergwerks.
Der umweltpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kauch, wies ebenfalls auf mögliche juristische Folgen hin. Sollte die Bundesregierung diese ausschließen können, müsse die Eignung des Salzstocks zu Ende erkundet werden, sagte er. Die Spitzenkandidatin der Grünen, Renate Künast, sieht durch das "gefälschte" Gutachten das Ende von Gorleben besiegelt. Gorleben werde "nie Endlager".
Mitglieder von Greenpeace demonstrierten in der Nacht zum Donnerstag in Gorleben für die Aufgabe des Endlagerstandortes. Sie projizierten den Spruch "Von Kohl bis Merkel: Verfehlte Endlagerpolitik - Gorleben stoppen!" auf den Förderturm über dem Salzstock.
(ddp)
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