Anti-Atomkraft-Bewegung sagt künftiger Bundesregierung den Kampf an
Die Anti-Atomkraft-Bewegung hat der künftigen Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP den Kampf angesagt. "Dass es jetzt Schwarz-Gelb gibt, ist nicht das Ende des Atomwiderstands", erklärte am Dienstag der Sprecher der Bürgerinitiative sagte (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, Wolfgang Ehmke. Die Demonstration Anfang September in Berlin habe gezeigt, dass es für ein Atommüll-Endlager in Gorleben und Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken keinen gesellschaftlichen Rückhalt gebe.
Sowohl CDU/CSU als auch die Liberalen halten an der Kernenergie als Brückentechnologie fest und planen, die Laufzeiten der deutschen Meiler zu verlängern. Der Salzstock Gorleben soll nach dem Willen der Parteien zügig weiter erkundet und bei einer Eignung als Endlager für hoch radioaktiven Müll in Betrieb genommen werden.
Innerhalb von 24 Stunden nach der Bundestagswahl haben im Internet nach Angaben von Atomgegnern mehr als 25.000 Menschen einen schnelleren Atomausstieg gefordert. Sie unterzeichneten einen Offenen Brief an die Vorsitzenden von CDU, CSU und FDP, in dem sie fordern, den Atomausstieg zu beschleunigen und die sieben ältesten Atomkraftwerke und den Pannenreaktor Krümmel umgehend vom Netz zu nehmen. Außerdem appellieren die Unterzeichner an Union und FDP, den mit dem Atomkonsens "halbwegs befriedeten Konflikt um die Atomkraft" nicht wieder anzufachen.
Der Atomexperte von Greenpeace, Tobias Münchmeyer, verwies darauf, dass die Mehrheit der deutschen Bevölkerung einen Atomausstieg befürworte. Das hätten zahlreiche Umfragen bereits vor der Wahl gezeigt. Er forderte FDP und Union dazu auf, ihr Ergebnis deshalb nicht fehl zu interpretieren. Den Vorschlag von RWE-Vorstandschef Jürgen Großmann zur Aufteilung von Zusatzgewinnen durch Laufzeitverlängerungen wies Münchmeyer als "heuchlerisch" zurück. Verlängerungen würden gleichzeitig ein "Abwürgen von erneuerbaren Energien" bedeuten. Solche Almosen seien verlogen, sagte er weiter. Becker bezeichnete die Gelder aus Laufzeitverlängerungen in diesem Zusammenhang als "überflüssig" und regte an, stattdessen existierende Forschungsgelder entsprechend umzuverteilen.
"Die Atomlobby sollte sich über das Wahlergebnis nicht zu früh freuen", sagte der Sprecher der Anti-Atom-Organisation "Ausgestrahlt", Jochen Stay. Union und FDP hätten die Bundestagswahl "nicht wegen, sondern trotz ihrer atompolitischen Positionen" gewonnen. "Sollte sich die kommende Bundesregierung trotzdem zum Erfüllungsgehilfen der Atomlobby machen wollen, muss sie mit heftigem Widerstand rechnen." Das Kampagnen-Netzwerk Campact erinnerte daran, dass der 1999 zwischen Regierung und Energiekonzernen vereinbarte Atomkonsens "einem brisanten gesellschaftlichen Konflikt die Schärfe genommen" habe. "Wollen die Koalitionäre die notdürftig zugeschütteten Gräben dieses Konflikts jetzt wirklich gegen den Willen ihrer eigenen Anhänger wieder aufreißen?", fragte Sprecher Christoph Bautz.
Den Beginn der Koalitionsverhandlungen in Berlin wollen Anti-Atom-Gruppen mit Protestaktionen begleiten. Campact hat eine Unterschriftenaktion für einen Offenen Brief an die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und FDP gestartet. Das Schreiben wende sich gegen eine Aufkündigung des Atomausstiegs, sagte Bautz. Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) warnte die zukünftige Bundesregierung vor Laufzeitverlängerungen für die Atomkraftwerke. "Der nächste Störfall kann der letzte sein. Wir müssen sofort aus der Atomenergie aussteigen", sagte Vorstandsmitglied Udo Buchholz. Auch andere Atomanlagen wie die Brennelementefabrik in Lingen und die Urananreicherungsanlage in Gronau müssten stillgelegt werden.
Mitte Oktober will die Anti-Atom-Bewegung ihr Vorgehen bei einer bundesweiten Konferenz in Hitzacker (Kreis Lüchow-Dannenberg) abstimmen. Neben Arbeitsgruppen zu den Themen Laufzeitverlängerung, Endlager und Castortransporte soll bei dem mehrtägigen Treffen auch ein Kletterworkshop angeboten werden.
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