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Expertenuntersuchung zu Uranunfall gefordert
Nach dem Störfall in der Urananreicherungsanlage im nordrhein-westfälischen Gronau dauern die Ermittlungen zur Ursache an. Ein Sprecher des NRW-Wirtschaftsministeriums sagte am Wochenende, nach seinem Kenntnisstand sei die Dekontamination des Raums, in dem der Zwischenfall geschah, noch nicht abgeschlossen. Erst danach könnten TÜV-Experten und Fachleute des Landes als Atomaufsicht die Untersuchungen aufnehmen. Bei dem Vorfall wurde ein Mitarbeiter der Uranfabrik einer erhöhten Strahlung ausgesetzt und zur Beobachtung in das Universitätsklinikum Münster eingeliefert. "Der Mann erhält Infusionen und trinkt viel, damit die aufgenommen Substanzen schneller ausgeschieden werden. Erste Untersuchungsergebnisse haben Spuren von Uran im Urin nachgewiesen", sagte Nuklearmedizin-Professor Otmar Schober. Nach Angaben des Betreibers Urenco war am Donnerstag in einem Raum Uranhexafluorid (UF6) freigesetzt worden. In diesem Raum sollte ein als "leer und gewaschen" angelieferter Uranbehälter von einem Mitarbeiter für eine Druckprüfung vorbereitet werden. Hierbei kam es zur Freisetzung des Stoffes in noch unbekannter Menge.
"Diese Erklärung macht misstrauisch. Es ist bekannt, dass Uranbehälter nie vollständig entleert werden können. Daher sind immer besondere Vorsichtsmaßnahmen erforderlich", sagte Greenpeace-Atomphysiker Heinz Smital. "Der Vorgang lässt auf grobe Probleme in der Sicherheitskultur schließen." Selbst Bruchteile eines Gramms Uranhexafluorid in der Atemluft könnten tödlich sein. Ein einzelner Uranbehälter enthalte 12,5 Tonnen UF6.
Politiker und Atomkraftgegner forderten eine Untersuchung des Zwischenfalls durch externe Fachleute. "Es muss unbedingt eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle geben", sagte die frühere NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne). Die Betreiber der Anlage hätten immer wieder betont, dass die Urananreicherung absolut sicher sei. "Mal wieder hat sich eine solche Behauptung in Luft aufgelöst". Auch Matthias Eickhoff, Sprecher der Initiative Münsterland gegen Atomanlagen, forderte einen unabhängigen Gutachter: "Der TÜV Rheinland ist nur Standardgutachter für Atomfragen, der mich persönlich nicht überzeugt." Das Bündnis forderte auch die Einschaltung der Staatsanwaltschaft. Mögliche strafrechtliche Versäumnisse von Urenco müssten geklärt werden.
- Die Urananreicherungsanlage in Gronau (Kreis
Borken) besteht seit 1985. Die Fabrik an der deutsch-niederländischen Grenze im Münsterland ist die einzige kommerzielle Urananreicherungsanlage in der Bundesrepublik. Betreiber ist die Urenco-Gruppe, an der die niederländische und die britische Regierung indirekt je ein Drittel halten. Das übrige Drittel teilen sich die deutschen Energiekonzerne RWE und E.on. - Die Haupttätigkeit der Urenco liegt nach eigenen Angaben in der Bereitstellung von angereichertem Uran für die Brennelemente von Atomkraftwerken. Ab 2011 soll in Gronau nach Angaben von Umweltschützern zudem ein Zwischenlager für 60 000 Tonnen Uranmüll gebaut werden. Der Ausbau bedeute eine stark wachsende Anzahl von Uranhexafluorid-Transporten von und nach Gronau.
- Uranhexafluorid wird für die Herstellung von Brennelementen für Atomkraftwerke benötigt. Uranhexafluorid ist eine flüchtige, radioaktive Verbindung und wird als äußerst giftig eingestuft.
- Neben Gronau gibt es weitere Atomkraftanlagen in Nordrhein-Westfalen, etwa das Transportbehälterlager Ahaus sowie das
1994 von der damaligen SPD-Landesregierung abgeschaltete Atomkraftwerk Würgassen und den früheren Versuchsreaktor in Jülich. 1989 war nach technischen Problemen der Hochtemperaturreaktor in Hamm-Uentrop stillgelegt worden.
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