CDU: AKW-Abschaltung "völlig inakzeptabel"

15.02.2010 von
Im Streit um den Atomausstieg hat auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) kritisiert. Er habe kein Problem, wenn Röttgen sage, er brauche bis zum Sommer oder bis zum frühen Herbst, um ein Gesamtkonzept auf den Tisch zu legen, sagte Mappus am Wochenende. "Es wäre aber völlig inakzeptabel, wenn das die Konsequenz hätte, dass zwei Reaktoren, darunter Neckarwestheim I, abgeschaltet werden müssten." Nach Ansicht des Koalitionspartners FDP ist dagegen der Weiterbetrieb von Neckarwestheim I zwar wünschenswert, aber nicht unbedingt notwendig. Die Laufzeitverlängerung des Atomkraftwerks Neckarwestheim I ist im Haushalt der Landesregierung offenbar bereits fest eingeplant. Einem Bericht der Stuttgarter Zeitung
zufolge sind im Etat des Umweltministeriums in diesem Zusammenhang Mehreinnahmen von zwei Millionen Euro vorgesehen. Es handele sich um erwartete Gebühren für Genehmigungen in diesem und nächsten Jahr, die bei einer Laufzeitverlängerung fällig würden.
 
FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte nach Angaben eines Fraktionssprechers, zwar sei die Brückentechnologie noch über mehrere Jahre notwendig. "Allerdings ist der Anteil der Kernenergie am Energiemix sicher auch ohne Neckarwestheim I leistbar." Möglicherweise müsse man die Abschaltung des Atommeilers als "erzieherische Maßnahme" für den Energiekonzern EnBW in Kauf nehmen. Es liege bislang keine klare Ansage der EnBW bezüglich eines Fonds vor, in den Gewinne aus der Atomenergie fließen könnten, kritisierte Rülke.
 
Der Vize-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Franz Untersteller, begrüßte "den Kursschwenk" Rülkes: "Nach Monaten der Realitätsverweigerung hat Rülke damit als erster aus den Reihen der CDU/FDP-Koalition eingesehen, dass ein Weiterbetrieb des Altreaktors weder aus Gründen der Versorgungssicherheit noch aus Klimaschutzgründen oder wegen der Strompreisentwicklung Sinn macht", sagte Untersteller. Die Abschaltung allerdings als "erzieherische Maßnahme" für EnBW zu bewerten, sei schlicht peinlich, befand der Grünen-Politiker. Sinnvoll sei der Schritt vor allem deshalb, weil die Anlage nicht mehr dem Stand von Wissenschaft und Technik entspreche.
 
SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel forderte Mappus und Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) auf, sich "der Wende in der FDP-Atompolitik anzuschließen". Mappus, Gönner und EnBW müssten erkennen, dass in der Atompolitik endlich ein realistischer Kurs notwendig sei. "Neckarwestheim ist jetzt nicht mehr zu halten", sagte Schmiedel.
 
Bei dem Streit handelt es sich aus Sicht der Anti-Atomkraftbewegung um "eine Debatte innerhalb einer gesellschaftlichen Minderheit". Während Röttgen und die zuständigen Landesumweltminister aus Bayern, Baden-Württemberg und Hessen über die künftige Betriebsdauer der Atomkraftwerke diskutierten, wolle die gesellschaftliche Mehrheit gar keinen Weiterbetrieb der Reaktoren, sagte Jochen Stay von der Organisation Ausgestrahlt am Samstag in Gorleben.
 
In Baden-Württemberg, Bayern und Hessen formiert sich Widerstand gegen Röttgen. In diesen drei Ländern stehen 11 der 17 Kernkraftwerke, die bundesweit noch in Betrieb sind. Die Reststrommenge von Neckarwestheim I ist voraussichtlich in den kommenden Monaten aufgebraucht. Der Reaktor war 1976 in Betrieb genommen worden und ist der zweitälteste Atommeiler in Deutschland.
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