Engpass bei Uran?
Aufgrund der immensen Ausbaupläne der Atomindustrie einzelner Länder droht schon in den kommenden zehn Jahren ein Versorgungsengpass mit Uran. Als Ursache führen Fachleute an, dass die Uranminen jährlich nur zwei Drittel des weltweiten Bedarfs fördern. Das Problem ist nicht neu, denn die Atombranche deckt den Rest bislang aus Vorräten, die vor 1980 in Zeiten des Kalten Krieges während der jahrzehntelangen Überproduktion in den Minen angesammelt wurden. Da Restbestände in den nächsten Jahren zur Neige gehen, bahnen sich Engpässe an.
Das Problem gewinnt angesichts neuer, sich schon in Planung befindlicher Meiler rund um den Globus, an Brisanz. Wie das Wissenschaftsportal spektrumdirekt schreibt, wollen neben China, Indien, Russland und Brasilien auch die USA ihren Energiehunger mit dem Ausbau der Kernkraft stillen. Allein die Volksrepublik strebt danach, in den kommenden zehn Jahren 20 neue Meiler ans Netz zu bringen. Prognosen der Internationalen Atomenergieorganisation IAEO nach wird der Uranbedarf von heute rund 65.000 Tonnen bis 2030 auf 93.000 Tonnen im Jahr ansteigen. Ob die Nachfrage zu stillen sein wird, hängt von den Minenbetreibern ab.
Obwohl die Uranvorkommen laut Geologen den Bedarf von weiteren 150 Jahren decken, gibt es teilweise massive Probleme bei der Förderung, die wiederum in direkter Korrelation zu den gehandelten Marktpreisen stehen. Ähnlich der Entwicklung beim Ölpreis 2008 erreichte der Uranpreis an den Rohstoffbörsen im Sommer 2007 mit 360 Dollar je Kilogramm einen neuen Höchststand. "Die Atombranche erlebt derzeit nicht nur durch verlängerte Laufzeiten wie in Deutschland, sondern auch durch Ausbaupläne eine Renaissance. Man kann davon ausgehen, dass die Uranpreise steigen", so Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch gegenüber pte.
Da der Eifer, mehr Uran zu produzieren, vor zweieinhalb Jahren abflaute und die Lagerstätten großteils unberührt blieben, scheint in der aktuellen Situation erneut der Markt Signale geben zu müssen, um die prognostizierte Nachfrage zu befriedigen. Branchenkenner kritisieren, dass die Erschließung neuer Lagerstätten längst hätte beginnen müssen. Denn bis ein Standort erst einmal Uran liefern kann, vergehen zehn bis 20 Jahre. Oft gibt es Schwierigkeiten, wie sich am Beispiel der ergiebigsten Uranmine "Cigar Lake" in Kanada zeigt. Obwohl die Mine ein Zehntel des Weltbedarfes decken könnte, wurde der Start durch Wassereinbrüche verschoben.
Ob sich die Versorgungslage mit Uran vor diesem Hintergrund tatsächlich zuspitzt, lässt sich nur schwer vorhersagen. Fakt ist jedoch, dass zu den Hauptverbrauchern neben den Top drei USA, Frankreich und Japan schon Deutschland auf Platz vier rangiert. Umweltschützer haben bereits die Befürchtung, dass - sobald der Run auf große Lagerstätten in Kanada, Kasachstan, Australien, Russland und Afrika beginnt und die Preise steigen - sogar Standorte mit wenig Uranvorkommen bearbeitet werden. Dies hätte enorme Landschaftszerstörungen zur Folge.
(pte)