Röttgen will AKW-Ausstieg 2030, Merkel nicht
Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) strebt trotz scharfer Kritik aus den eigenen Reihen den Atomausstieg bis spätestens 2030 an: "Im Koalitionsvertrag steht: Die Atomkraft soll nur eine Brückenfunktion haben, bis die erneuerbaren Energien die Versorgung verlässlich und preislich wettbewerbsfähig übernehmen", verteidigte Röttgen am Wochenende sein Ansinnen. Selbst nach den skeptischsten Schätzungen sei das 2030 der Fall. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wies die Vorfestlegung auf ein Datum als "verfrüht" zurück.
Röttgen hatte bereits vor zwei Wochen an die Union appelliert, sich möglichst bald von der Atomkraft zu verabschieden und auf erneuerbare Energien zu setzen. Er plädierte zudem dafür, die maximale Laufzeit von Atommeilern höchstens um 8 auf 40 Jahre zu verlängern. Seitdem gibt es in der Koalition Streit um den energiepolitischen Kurs. Vor allem FDP und die Unions-geführten Länder mit Kernkraftstandorten Bayern, Baden-Württemberg und Hessen stellen sich gegen die Pläne des Umweltministers.
Dieser rechnet dennoch fest mit einem Ausstieg aus der Atomkraft in spätestens 20 Jahren. Damit wäre das Ende der Kernkraft acht Jahre später besiegelt, als im rot-grünen Atomkonsens festgelegt. Ziel sei es, "nahezu vollständig auf erneuerbare Energien umzustellen", sagte Röttgen. Windkraft und Solarenergie seien eine bessere Technik als die Kernkraft. Sobald der Ökostromanteil von derzeit noch 16 Prozent auf 40 Prozent steige, sei es soweit.
Der Minister verwahrte sich zugleich gegen Vorwürfe, sich über die Linie von Partei und Regierung hinwegzusetzen. "Das stimmt nicht", sagte er. Die "Brückenfunktion" der Atomkraft sei im Koalitionsvertrag klar beschrieben worden, und mit der Förderung regenerativer Energien würden originäre Anliegen der CDU und auch der FDP berücksichtigt.
Merkel ließ Regierungssprecher Ulrich Wilhelm erklären, es gebe eine klare Verabredung in der Koalition, der zufolge das Umweltministerium und das Wirtschaftsministerium gemeinsam Szenarien zur Energieversorgung in Deutschland erstellen würden. "Auf dieser Grundlage wird dann im Herbst entschieden, wie lange die Kernenergie als Brückentechnologie gebraucht wird", sagte Wilhelm.
Nach Auffassung des Umweltbundesamtes (UBA) könnte Deutschland seine 17 Kernkraftwerke schon deutlich früher als von Röttgen geplant ersetzen. "Wir können den Anteil von 40 Prozent erneuerbaren Energien gut um das Jahr 2020 erreichen", sagte UBA-Präsident Jochen Flasbarth. Nach dem noch gültigen Atomausstiegsplan der früheren rot-grünen Bundesregierung würde das letzte deutsche Atomkraftwerk 2022 abgeschaltet. Union und FDP haben im Koalitionsvertrag aber die Kernenergie zur "Brückentechnologie" erklärt und ihre Bereitschaft geäußert, "Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke unter Einhaltung der strengen deutschen und internationalen Sicherheitsstandards zu verlängern."
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