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Streit um AKW Neckarwestheim I
Der Energiekonzern EnBW reduziert die Strommenge im Atomkraftwerk Neckarwestheim I und lässt den Atomreaktor auf diese Weise länger als geplant am Netz. Wie ein Unternehmenssprecher am Donnerstag in Karlsruhe sagte, werden zukünftig nur noch 250 Megawatt in dem für 840 Megawatt ausgelegten Meiler produziert. Dadurch soll das Kraftwerk, das gemäß dem rot-grünen Atomausstieg demnächst stillgelegt werden müsste, bis in den Herbst laufen, wenn die Bundesregierung über eine Laufzeitverlängerung entscheiden will. Das Landesumweltministerium begrüßte die Maßnahme. Die Grünen übten scharfe Kritik und warfen EnBW "miese Tricks" vor.
Die Reststrommengen des Kraftwerks sollten bei normalem Betrieb nach Schätzungen der baden-württembergischen Grünen im April oder Mai verbraucht sein. Dann müsste Neckarwestheim I endgültig stillgelegt werden. Mit der gesenkten Produktion soll die Strommenge nun jedoch bis in den Herbst hineinreichen. Dann soll ein von der Bundesregierung entworfenes Energiekonzept vorliegen, anhand dessen auch über längere AKW-Laufzeiten entschieden werden soll.
Ein Sprecher des Umweltministeriums Baden-Württemberg bezeichnete die Leistungsdrosselung als einen "gangbaren Weg", die vorzeitige Abschaltung des Kernkraftwerks zu vermeiden. Nach dem Willen der Landesregierung sollte das Atomkraftwerk bis zur Vorlage eines Gesamtenergiekonzepts durch die Bundesregierung im Herbst am Netz bleiben, um in die nach dem Koalitionsvertrag beschlossenen Verhandlungen mit den Energiekonzernen über längere Laufzeiten einbezogen werden zu können. Es sei eine freie Entscheidung der EnBW, wie viel Strom das Unternehmen zu welcher Zeit produziere. "Entscheidend für die Atomaufsicht ist der sichere Betrieb der Anlage, und nicht wie viel Strom erzeugt wird", betonte der Sprecher.
Die baden-württembergischen Grünen kritisierten den Schritt als "inakzeptabel". "Die EnBW versucht nun mit miesen Tricks Neckarwestheim I länger am Netz zu lassen, um dann im Herbst von der schwarz-gelben Bundesregierung endgültig grünes Licht für eine längere Laufzeit für den Schrottreaktor zu bekommen. Damit tritt sie den Geist des Atomkonsenses mit Füßen", kritisierten die Grünen-Landesvorsitzenden Silke Krebs und Chris Kühn am Donnerstag in Stuttgart.
Der SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel warf der Landesregierung und EnBW Mauschelei vor, um die Atomkraft in Baden-Württemberg weitertreiben zu können. Dabei sei es für Baden-Württemberg besonders wichtig, auf erneuerbare Energien zu setzen. Deren Ausbau werde verhindert, so lange die Landesregierung die Atomkraft so stark fördere. "Eine zukunftsfähige Energiepolitik für Baden-Württemberg erfordert das Aus für die Atomkraft", betonte Schmiedel.
Der Reaktor war 1976 in Betrieb genommen worden und ist der zweitälteste Atommeiler in Deutschland. Im Juni 2008 lehnte der damalige Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) die von EnBW beantragte Laufzeitverlängerung für den Reaktor "aus Sicherheitsgründen" ab.
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