Kritik an Studie über Gesundheitsgefährdung von AKW

22.07.2010 von
Laut einer Studie der Universitätsmedizin Mainz gibt es keinen Zusammenhang zwischen angeborenen Fehlbildungen bei Kindern und der Nähe von Atomkraftwerken. "Kinder, deren Mütter in der Nähe von Kernkraftwerken wohnen, kommen nicht häufiger mit Fehlbildungen zur Welt als in anderen Regionen Deutschlands", sagte Studienleiterin Annette Queißer-Wahrendorf vom Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Mainz am Mittwoch bei der Vorstellung der Vergleichsstudie.
 
Für die vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) geförderte Studie wurden 5273 Kinder in einem Zeitraum von rund 14 Monaten direkt nach der Geburt untersucht. Etwa die Hälfte der Mütter wohnte während dieser Zeit in einem Umkreis von zehn Kilometern der Kernkraftwerke Biblis (Hessen) und Philippsburg (Baden-Württemberg). Die andere Hälfte lebte in der rund 20 Kilometer entfernten Vergleichsregion rund um Kaiserslautern, Pirmasens und Zweibrücken.
 
Der Studie zufolge hatten von den 2.423 Kindern, die in der Umgebung eines AKW geboren wurden, 108 oder 4,5 Prozent eine Fehlbildung. In der Vergleichsregion waren es 135 Kinder oder 4,7 Prozent. Da die Rate angeborener Fehlbildungen bei Kindern in Deutschland bei rund fünf Prozent liege, lasse sich somit kein Einfluss des mütterlichen Wohnsitzes in der Nähe eines AKW auf eine angeborene Fehlbildung feststellen. Allerdings wurde nach BfS-Angaben bei der Auswertung der Daten ein Hinweis darauf gefunden, dass beruflich strahlenexponierte Mütter wie im Bereich der Medizin möglicherweise mit einem erhöhten Fehlbildungsrisiko rechnen müssten. Allerdings beruhe der Hinweis auf wenigen Einzelfällen. Die Universitätsmedizin Mainz will sich deshalb im Herbst mit dieser Frage in einer Pilotstudie beschäftigen.
 
Die atomkraftkritische Ärzteorganisation IPPNW kritisierte die Studie "als argumentative Schützenhilfe zugunsten der Atomindustrie". Die Studie habe aufgrund geringer Fallzahlen eine "zu geringe statistische Nachweisstärke", erklärte der Verein und verwies auf eine kritische Analyse der Studie durch den Physiker Alfred Körblein. Den Angaben zufolge bemängelt Körblein, dass die Studie lediglich an zwei Kraftwerksstandorten durchgeführt wurde und nur einen Studienzeitraum von etwa 14 Monaten umfasste. Eine Ausweitung des Untersuchungszeitraums auf zwei Jahre hätte laut Körblein genügt, um einen Entfernungstrend in ähnlicher Höhe wie bei der sogenannten KiKK-Studie aus dem Jahr 2007 statistisch signifikant nachzuweisen.
 
In der KiKK-Studie war im Untersuchungszeitraum von 1980 bis 2003 in einem Umkreis von fünf Kilometern um die Reaktoren festgestellt worden, dass 37 Kinder neu an Leukämie erkrankten. Im statistischen Durchschnitt wären den Angaben zufolge 17 Fälle zu erwarten gewesen. Anhand der Ergebnisse hatte das BfS festgestellt, dass im Nahbereich der Reaktoren ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für Krebserkrankungen bei Kindern besteht.
 
Die Ursache dieses Risikos ist nach BfS-Angaben jedoch bislang nicht geklärt. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand könne der beobachtete Anstieg der Erkrankungen nicht allein durch die Strahlenbelastung aus einem AKW erklärt werden, teilte die Behörde mit.
 

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