Laufzeitverlängerung: Verlierer sind die Stadtwerke

07.09.2010 von
Jetzt wehren sich auch die Kommunen gegen die von der Bundesregierung geplante Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke. Sie fürchten geringere Gewerbesteuer-einnahmen und Wettbewerbsnachteile der kommunalen Energieversorger und Stadtwerke im Vergleich zu den vier großen Atomkonzernen. Nun werden die Rufe nach Entschädigungszahlungen lauter. Auf die Bundesregierung könnten Schadenersatzklagen zukommen.
 
Wegen der geplanten Brennelementesteuer rechnen Städte und Gemeinden mit Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer in Höhe von 300 Millionen Euro jährlich. "Der Bund hat noch nicht gesagt, wie dieses neue Loch gestopft werden soll. Und unsere Finanzprobleme sind ohnehin schon groß genug", sagte die Präsidentin des Deutschen Städtetags, Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth. "Die Städte und Gemeinden müssen in das neue Energiekonzept eingebunden und ihre finanziellen Nachteile kompensiert werden", forderte auch der Hauptgeschäftsführer des Deutsche Städte- und Gemeindebunds (DStGB), Gerd Landsberg.
 
Der Vorsitzende der Stadtwerkevereinigung 8KU, Albert Filbert, sieht einen Milliardenschaden auf die kommunalen Versorger zukommen. Der Atom-Kompromiss werde die städtischen Versorger mit 4,5 Milliarden Euro belasten, sagte er.
 
Bereits im Frühjahr hatten 150 Stadtwerke ein gemeinsames Gutachten veröffentlicht, in dem die Auswirkungen einer Laufzeitverlängerung untersucht wurden. Darin heißt es, eine Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke würde "die oligopolistische Marktstruktur zementieren und Neuinvestitionen in moderne Kraftwerke bis zur Mitte der 2020er Jahre komplett verhindern". Die Auswirkungen einer Laufzeitverlängerung steht nach Einschätzung der Gutachter "in evidentem Widerspruch zu den Zielen der deutschen Energiepolitik", also Wettbewerb, Preisgünstigkeit und Umweltverträglichkeit.
 
Der Geschäftsführer der Stadtwerke Lübeck, Kurt Kuhn, der für die 150 kommunalen Energieversorger spricht, verwies darauf, dass die Stadtwerke von anderen Voraussetzungen ausgegangen seien. "Wenn der Gesetzgeber Rahmenbedingungen setzt, vertrauen wir darauf", sagte er mit Blick auf den vor zehn Jahren beschlossenen Atomausstieg. Mit dem nun gefundenen Kompromiss seien viele geplante Investitionen infrage gestellt. Auch er forderte von der Bundesregierung Entschädigungszahlungen und schloss eine Klage nicht aus. Zunächst allerdings solle abgewartet werden, ob einzelne Bundesländer vor dem Verfassungsgericht klagten.
 
Die Koaltionsspitzen hatten sich am Sonntag auf einen Kompromiss im Atom-Streit verständigt. Demnach sollen die sieben älteren Atomkraftwerke acht Jahre länger am Netz bleiben. Für die zehn Reaktoren, die ab 1980 ans Netz gingen, sollen es 14 Jahre sein. Ferner sollen die Betreiber von 2011 bis 2016 jährlich 2,3 Milliarden Euro Brennelementesteuer an den Bundeshaushalt und zusätzlich einen Teil ihrer Gewinne an einen Fonds zum Ausbau erneuerbarer Energien zahlen.
 

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