SPD macht ernst mit Verfassungsklage gegen Laufzeitverlängerung
"Die Länder tragen die Hauptlast der Verlängerung", erklärte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Oppermann. "Der Bundesrat muss einer so substanziellen Änderung des Atomrechts zustimmen." Dies bestätigten auch fast alle juristischen Gutachten. Die schwarz-gelbe Koalition stehe mit ihrer Deutung des Grundgesetzes allein da, meinte der SPD-Politiker.
Das Bundeskabinett will am 28. September ihr Energiekonzept beschließen und dabei sowohl ein Gesetz zur Sicherheit als auch zu den Laufzeiten beschließen. Die Sprecherin des Umweltministerium, Christiane Schwarte, betonte: "Beides ist nicht zustimmungspflichtig." Allerdings müsse das Sicherheitsgesetz bei der Europäischen Union bekanntgemacht, also in Brüssel notifiziert werden, ergänzte Schwarte. Welches der beiden Gesetze zuerst in Kraft trete, sei deshalb noch nicht abzusehen.
Die Bundesregierung will die Laufzeiten der 17 deutschen Atomreaktoren um durchschnittlich zwölf Jahre verlängern. Dafür sollen die Betreiber von 2011 bis 2016 jeweils 2,3 Milliarden Euro Brennelementesteuer entrichten. Hinzu kommen die Mittel zur Förderung erneuerbarer Energien: jeweils 300 Millionen für die ersten beiden Jahre und danach 200 Millionen pro Jahr für die folgenden vier Jahre. In der Summe sind es 15,2 Milliarden Euro.
Die "Klima-Allianz", ein Zusammenschluss von mehr als 100 Organisationen und Vereinen, forderte in Sprechchören vor dem Reichstag: "Schluss mit den Tricks". Die Demonstranten verlangten eine energiepolitische Wende anstelle von Laufzeitverlängerungen. Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation ".ausgestrahlt", sagte, die Bundesregierung müsse mit massivem Gegenwind rechnen. "Die bundesweite Anti-Atom-Großdemonstration am 18. September in Berlin wird deutlich größer werden, als ursprünglich geplant." Weit über 50.000 Menschen hätten innerhalb von 48 Stunden einen Appell von "Campact" an Kanzlerin Angela Merkel unterzeichnet, teilte das Kampagnen-Netzwerk mit. Die Unterzeichner hätten angekündigt, sich an Protesten gegen die schwarz-gelbe Atompolitik zu beteiligen.
Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, bestätigte, dass die Energieversorgungsunternehmen die Kernbrennstoffsteuer steuerlich geltend machen könne. So könne es zu Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer kommen. "Schon mittelfristig" erwarte die Bundesregierung in der Summe aber Mehreinnahmen. Und dieser Effekt werde auf der Zeitachse größer, sagte Seibert.
Der kommunalpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Peter Götz, nannte die heftige Kritik an der Brennelementesteuer und den damit einhergehenden Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer schwer nachvollziehbar. "Schließlich stehen diesen kurzfristigen Mindereinnahmen unverhältnismäßig größere Mehreinnahmen durch die Laufzeitverlängerung der Kraftwerke entgegen."