Diskussion um Betriebserlaubnis des AKW Brunsbüttel
Ziehm kommt darin zu dem Schluss, dass die Anlage ihren Zweck seit dreieinhalb Jahren nicht mehr erfüllt. "Das Kernkraftwerk Brunsbüttel produziert seit Juli 2007 keinen Strom mehr, nicht mal für die Eigenversorgung", sagte sie. Gemäß Paragraf 18, Absatz 1 Nummer 2 des Bundesimissionsschutzgesetzes erlösche eine Genehmigung, "wenn eine Anlage während eines Zeitraums von mehr als drei Jahren nicht betrieben worden ist."
Die Rechtsfolge trete unmittelbar kraft Gesetzes ein, sagte Ziehm. Einer behördlichen Maßnahme bedürfe es nicht. Das Atomgesetz verweise auf die Grundsätze des Imissionsrechts. Das Bundesverwaltungsgericht habe in anderen Fällen bereits entschieden, dass das Immissionsrecht Anwendung findet. Alleine durch Reparaturarbeiten werde das Merkmal des Betriebes nicht erfüllt.
Neuantrag für Grüne "nicht denkbar"
Demnach müsste Betreiber Vattenfall für ein Wiederanfahren zunächst eine neue Betriebsgenehmigung beantragen. "Ein Neuantrag ist aber nicht denkbar", sagte Grünen-Energieexperte Detlef Matthiessen mit Blick auf das Alter der Anlage. Er bezeichnete die Anlage als "latente Bedrohung unseres Landes". Der politisch gewollte Stillstand, um die Verlängerung der Atomlaufzeiten erreichen zu können, sei zu "einem Boomerang" geworden. Kein anderes AKW in Deutschland habe so lange stillgestanden wie das AKW Brunsbüttel.
Laut Ziehm müssen bei einem möglichen neuen Genehmigungsverfahren die Auswirkungen des Betriebs auf die Nachbarschaft und die Umwelt geprüft werden. Der Fischbestand in der Elbe vor Brunsbüttel habe sich seit Ende 2007 erholt, wie aus den Planungsunterlagen für ein Steinkohlekraftwerk in Brunsbüttel hervorgehe, sagte Ziehm.
Vattenfall zeigt sich von Ergebnis des Gutachtens überrascht
Vattenfall-Sprecherin Barbara Meyer-Bukow zeigte sich am Montag auf dapd-Anfrage überrascht, dass die Studie zu dem Ergebnis komme, die Betriebsgenehmigung des AKW sei erloschen. Ihr liege das Gutachten jedoch noch nicht vor. Deshalb könne sie noch keine Bewertung vornehmen.
Habeck rechnet damit, dass die Studie bei Vattenfall und E.on für "extremen Verdruß" bei deren Verhandlungen über eine Übernahme der Betriebsführerschaft für die nach Pannen in der Kritik stehenden AKW Brunsbüttel und Krümmel sorgen werde. Das für Atomaufsicht zuständige Justizministerium jedenfalls könne keine Wiederanfahrerlaubnis aussprechen, ohne sich zur Frage der Betriebsgenehmigung zu äußern. "Das wäre rechtlich fahrlässig."
Das Atomkraftwerk Brunsbüttel...
...an der Elbe wird gemeinsam vom schwedischen Energiekonzern Vattenfall und dem deutschen Versorger E.on betrieben. Vattenfall besitzt derzeit zwei Drittel und E.on ein Drittel der Anteile. Beide Unternehmen verhandeln aber über eine Übernahme der Betriebsführung durch E.on. Gleiches gilt im Falle des ebenfalls in der Kritik stehenden AKW Krümmel in Geesthacht bei Hamburg, an dem beide Konzerne zu 50 Prozent beteiligt sind.
Die beiden Atommeiler stehen nach Pannen seit fast dreieinhalb Jahren still und sorgten auch während dieser Zeit immer wieder für Schlagzeilen. Das AKW Brunsbüttel war am 28. Juni 2007 wegen eines Kurzschlusses in einer Schaltanlage vom Netz gegangen. Seitdem ist der Meiler wegen Reparaturarbeiten außer Betrieb. Am selben Tag hatte es auch einen Trafo-Brand im AKW Krümmel gegeben.
Der Siedewasser-Reaktor ist seit 1977 am Netz und damit eine der ältesten Atomanlagen in Deutschland. Der Reaktorkern in Brunsbüttel enthält 532 Brennelemente. Das AKW hat eine Leistung von 771 Megawatt. Im Betrieb kann es damit jährlich rund sechs Terawatt Strom produzieren. Das entspricht nach Vattenfall-Angaben etwa einem Fünftel der in Schleswig-Holstein jährlich produzierten Strommenge.
Für die Reparaturarbeiten am AKW Brunsbüttel hat Vattenfall nach eigenen Angaben seit 2007 mehr als 300 Millionen Euro ausgegeben. Bis zum Ende des Jahres 2011 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Voraussichtlich wird das AKW deshalb nicht mehr im kommenden Jahr ans Netz gehen können.
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