Brüderle gibt zu: Atom-Moratorium wegen Landtagswahlen
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle hat nach Informationen der Süddeutschen Zeitung beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) das Kernkraft-Moratorium mit den anstehenden Landtagswahlen begründet. Das geht aus einem BDI-Protokoll hervor, das der Zeitung vorliegt. Den Eindruck, das Moratorium hänge mit den Wahlen zusammen, hatte die Regierungskoalition aus Union und FDP eigentlich vermeiden wollen. Am kommenden Sonntag wird in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gewählt.
Brüderle hatte am 14. März als Gast an einer Sitzung von Vorstand und Präsidium teilgenommen, auf der laut Zeitung fast 40 führende Manager aus Deutschlands Industrie zugegen waren. Während der Sitzung sei die Meldung hereingereicht worden, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach der Katastrophe im japanischen Kernkraftwerk Fukushima die von der Regierungskoalition erst 2010 verlängerten Laufzeiten für die deutschen Atommeiler per Moratorium aussetzen wolle.
BDI-Präsident Hans-Peter Keitel habe daraufhin von Brüderle wissen wollen, was es damit auf sich habe. Laut Sitzungsprotokoll bestätigte Brüderle das Moratorium und "wies erläuternd darauf hin, dass angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen Druck auf der Politik laste und die Entscheidungen daher nicht immer rational seien."
Brüderle fuhr laut Protokoll fort, er sei ein Befürworter der Kernenergie, auch mit Rücksicht auf Branchen, die besonders viel Energie verbrauchten. Es könne daher keinen Weg geben, der diese Branchen "in ihrer Existenz gefährde."
Aus dem Wirtschaftsministerium heißt es jetzt laut Zeitung zu Brüderles Aussagen beim BDI, der Minister habe vor allem mit dem Tempo der Kehrtwende Probleme gehabt.
Grüne loben Brüderles Ehrlichkeit in Atomdebatte
Die Grünen haben Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) gelobt, weil er die Gründe der Bundesregierung für die Wende in der Atompolitik genannt haben soll. Die Vize-Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Bärbel Höhn, sagte Handelsblatt Online, zwar wundere es sie nicht, dass Brüderle das Atom-Moratorium vor Industrievertretern mit den anstehenden Landtagswahlen begründet habe. "Es ist aber gut, dass er es ehrlich gesagt hat."
Die Sicherheitsüberprüfungen der Atomkraftwerke während des dreimonatigen Moratoriums seien so "lasch und unglaubwürdig angelegt", dass dabei nichts Verwertbares herauskommen könne, kritisierte Höhn. "Die Sicherheit der AKW steht für die Regierung Merkel nicht an erster Stelle, sonst würden sie mit mehr Ernsthaftigkeit an die Sache gehen."
+++Update+++: Der Bundesverband der Deutschen Industrie hat nach eigenen Angaben Äußerungen von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle
(FDP) falsch wiedergegeben, wonach das Atom-Moratorium mit den bevorstehenden Landtagswahlen zusammenhängt. "Es liegt ein Protokollfehler vor", erklärte BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf am Donnerstag. "Die Äußerung des Bundeswirtschaftsministers ist falsch wiedergegeben worden."