FDP will alle alten Meiler für immer abschalten
Neuerliche Wende bei der FDP: Die vorübergehend abgeschalteten acht Atomkraftwerke einschließlich Biblis udn Krümmel (siehe Foto) sollen nach dem Willen der FDP nie wieder ans Netz gehen. Man wolle in Gesprächen mit den Betreibern eine Stilllegung durchsetzen, sagte Generalsekretär Christian Lindner am Dienstag in Berlin. "Das sollte ein klares Signal sein zu sagen, auf die alten Anlagen verzichten wir. Das zeigt auch wie ernst gemeint die Energiewende ist." Auch in der Union wächst die Unterstützung für diese Linie.
Damit schlagen beide Koalitionspartner schon vor Ablauf des dreimonatigen Atom-Moratoriums politische Pflöcke ein. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte noch am Montag die Linie bekräftigt, erst nach Ablauf der Frist Mitte Juni Kurskorrekturen am Energiekonzept festzulegen. "Wir werden die Zeit des Moratoriums nutzen, um eine Energiewende mit Augenmaß hinzubekommen", sagte die CDU-Chefin am Montagabend in der ARD.
Aus Regierungskreisen hieß es zu Lindners Vorstoß, derzeit gebe es keine konkreten Pläne für Treffen mit den Energieversorgern. Man wolle zunächst den Beginn des Prozesses der Sicherheitsüberprüfung und der Ethikkommission abwarten. Für die Sicherheitsüberprüfung sollen diese Woche Kriterien festgelegt werden. Die Ethikkommission trifft sich nächste Woche zum ersten Mal.
Lindner sagte jedoch mit Blick auf den Ausgang der Landtagswahlen am Sonntag, in Deutschland gebe es für die Kernkraft keine Akzeptanz. Noch während des Moratoriums müssten deshalb Verhandlungen mit den Betreibern der Atomkraftwerke geführt werden mit dem Ziel, die alten Meiler dauerhaft abzuschalten. Vorbild der Gespräche mit den Atom-Konzernen solle der von Rot-Grün ausgehandelte Energiekonsens des Jahres 2000 sein. Sie sollen möglichst bald beginnen.
Kein Sofortausstieg
Auch die dann verbleibenden neun Reaktoren sollen nach Lindners Worten früher abgeschaltet werden als derzeit von der Bundesregierung geplant. Bisher wurde geschätzt, dass der letzte Meiler etwa 2040 vom Netz geht. Eine Übertragung von Strommengen alter auf neue Kraftwerke soll es nicht geben. "Ich halte es für politisch nicht vorstellbar, dass mit der Abschaltung alter Anlagen neue Anlagen länger laufen als bislang geplant", sagte Lindner. "Das würde nicht zusammenpassen mit dem Oberziel, schneller auszusteigen."
Für eine Stilllegung der acht abgeschalteten Reaktoren hatte zuletzt auch die CSU geworben. Auch der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach erwartet, dass sie nicht wieder ans Netz gehen. "Meiner Überzeugung nach ist das Moratorium ein Moratorium auf Dauer", sagte er auf Phoenix. "Wenn jetzt die sieben Meiler oder ein Teil der Meiler wieder ans Netz gehen würde, wäre das für viele Menschen ein Vertrauensbruch."
Die Betreiber reagierten konsterniert auf die Ankündigung der FDP. Eine Vattenfall-Sprecherin sagte auf dapd-Anfrage, das Unternehmen kommentiere die politische Diskussion nicht. Die Firma werde am kommenden Freitag in Kiel ein Gespräch mit dem Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen (CDU) führen. E.on wollte auf Anfrage ebenfalls keinen Kommentar abgeben.
(Verena Schmitt-Roschmann / dapd)