Erneuerbare Energien könnten bis 2050 das Gros des globalen Energiebedarfs decken
Ein internationales Team von mehr als 100 Fachleuten hatte für den Sonderbericht Studien zu sechs erneuerbaren Energiequellen ausgewertet: Bioenergie, Erdwärme, Solarenergie, Wasserkraft, Meeresenergie und Windkraft. Die Experten berechneten daraus verschiedene Szenarien für eine Energiewende.
In dem optimistischsten Szenario heißt es, im Jahr 2050 könnten erneuerbare Energieträger 77 Prozent der Energiequellen weltweit darstellen. Ein solcher Ausbau im Bemühen um eine Reduzierung des Treibhausgas-Ausstoßes werde aber kostenintensiv und ohne Änderungen in der Politik nicht möglich sein. Unter anderem seien bedeutende Investitionen in die Infrastruktur nötig.
Das Gremium der Vereinten Nationen hatte den Bericht vor einer Woche in Abu Dhabi verabschiedet. In Berlin diskutierten nun Experten und Politiker über die Resultate.
"Energiewende ist keine technologische Frage"
Nach Ansicht des Klimaforschers Ottmar Edenhofer birgt der Umstieg auf erneuerbare Energien viele Chancen, aber auch Risiken und Herausforderungen. Das technische Potenzial übersteige deutlich die derzeitige Nachfrage. Der Ausbau sei keine technologische, sondern eine ökonomische Frage, erklärte der Chefökonom und stellvertretende Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.
Die Kosten der regenerativen Energien seien noch immer höher als bei konventionellen Energieträgern, aber einzelne Erneuerbare seien bereits wirtschaftlich wettbewerbsfähig, sagte Edenhofer. Die Kosten seien in den vergangenen Jahren gesunken, und eine weitere Reduzierung sei abzusehen. Dazu sei vor allem weiterer technischer Fortschritt nötig.
Röttgen mahnte, nicht nur die kurzfristigen Kosten des Energieumstiegs zu betrachten. Schließlich wachse die finanzielle Belastung umso mehr, "wenn wir weiter leben wie bislang". Dann gerate die Erderwärmung außer Kontrolle und schon die nächste Generation werde die Folgen "sehen, spüren, erleiden und zu finanzieren haben". Röttgen warnte, ganz Landstriche drohten in dem Fall abzusaufen, während anderswo das Wasser knapp werden könnte, was neue Konflikte und Flüchtlingsströme auslösen könnte.
"Zeit des Kampfes muss Ende haben"
Der Umweltminister bezeichnete die Kehrtwende in der Energiepolitik der Bundesregierung als "Zeitenwende" und sagte, er hoffe beim Atomausstieg nicht nur auf einen parteipolitischen, sondern auf einen gesellschaftlichen Konsens. Die "Zeit des Kampfes" müsse ein Ende haben. Röttgen sagte, Deutschland könne nun zeigen, dass der Umstieg auf erneuerbare Energien einem modernen Industrieland wirtschaftlich erfolgreich zu machen sei.
Die Bundesregierung hatte nach der Atomkatastrophe in Japan begonnen, den eigenen Umgang mit der Kernenergie neu zu überdenken. Bis Anfang Juni soll ein Konzept stehen. Der Bundesrat soll am 8. Juli darüber beraten.
(Christiane Jacke / dapd)