Atomkraftwerke gegen Flugzeugabstürze nicht geschützt

17.05.2011 von

Die Reaktorsicherheits-kommission hat bei ihrer Überprüfung der 17 deutschen Kernkraftwerke Mängel festgestellt. So sei keines der Atomkraftwerke gegen einen Absturz großer Verkehrsflugzeuge ausreichend gesichert, sagte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) am Dienstag in Berlin. Sieben ältere Kraftwerke seien auch gegen den Absturz kleiner Flugzeuge nicht oder wenig geschützt. Allerdings hält er die Sicherheitsprobleme für nicht so schlimm, dass ein Sofortausstieg aus der Atomkraft nötig wäre.

Der Kommissionsvorsitzende Rudolf Wieland sagte, dass keines der deutschen Atomkraftwerke die von dem Gremium angelegten höchsten Sicherheitsgrade zwei oder drei in allen Punkten erfülle. Nur der Schutzgrad eins werde bei einigen Anlagen voll erfüllt, aber auch nicht bei allen.

Mit Blick auf die Atomkatastrophe in Japan fügte er jedoch hinzu, ähnliche Defizite wie dort seien nicht festgestellt worden. Insgesamt seien die deutschen Anlagen bei den kritischen Punkten Notstromversorgung und Notkühlung vergleichsweise gut ausgelegt. "In der Summe kann ich feststellen: ja, es gibt einen großen Robustheitsgrad für die Anlagen, die wir hier untersucht haben", sagte Wieland.

Röttgen schloss aus dem Bericht, dass es trotz der festgestellten Mängel verantwortbar bleibe, nicht sofort aus der Atomkraft auszusteigen. "Es ist kein Argument zu sagen, wir müssen da Hals über Kopf von heute auf morgen raus", sagte der CDU-Politiker. Doch fügte er hinzu: "Es bleibt bei dem Postulat, dass man einen Weg finden soll, so schnell wie möglich die Kernenergie zu verlassen." Es gebe eine "Grundsolidität" der deutschen Anlagen. Die mangelnde Sicherung gegen Flugzeugabstürze sei keine neue Erkenntnis, sondern bereits bekannt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die Kommission nach Verkündigung des dreimonatigen Atom-Moratoriums damit beauftragt, alle 17 deutschen Kernreaktoren auf ihre Sicherheit zu überprüfen. Das Ergebnis soll in den Abschlussbericht der Ethikkommission Energieversorgung einfließen. Diese Kommission erwägt einen Atomausstieg bis 2021 und sofortige Stilllegung von acht derzeit abgeschalteten Reaktoren. Die politische Entscheidung will die Regierung am 6. Juni treffen.

Ende März hatte die Reaktorsicherheitskommission die Kriterien für die Checks vorgestellt. In den Blick genommen wurden Naturereignisse wie Erdbeben, Hochwasser, Stürme oder Trockenheit und "zivilisatorisch bedingte Ereignisse" wie Flugzeugabstürze, Explosionen, Terroranschläge oder Cyber-Angriffe. Daneben wurden noch einmal die zentralen Sicherheitsaspekte wie Notstromversorgung und Notkühlung unter diversen Aspekten abgeklopft.

Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW bemängelte, die sogenannten Stresstests seien nichts anderes gewesen als eine "freundliche Betreiberbefragung". "Das ist so, als würde man mit dem Pkw beim TÜV vorfahren und dort den Entwurf eines selbst erstellten Mängelberichts überreichen", erklärte IPPNW-Atomexperte Henrik Paulitz.

(Verena Schmitt-Roschmann / dapd)

 

 

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