Wissenschaftler streiten über die "Kaltreserve“
Die Bundesnetzagentur sieht erhebliche Unsicherheit, ob nach dem plötzlichen Aus für die Hälfte der Atomreaktoren genügend Kraftwerke bereit stehen, um den Energiehunger zu Spitzenzeiten im Winter zu stillen.
Erwogen wird deshalb, ein abgeschaltetes Atomkraftwerk als „Kaltreserve“ auf Standby zu halten. Atomkritische Wissenschaftler und das Umweltbundesamt halten jedoch dagegen: Die Kapazität reiche und das Klima müsse auch keinen Schaden nehmen.
Dabei argumentieren die Experten teilweise mit recht unterschiedlichen Zahlen. Unstrittig ist, dass die 17 deutschen Atomkraftwerke eine Gesamtleistung von netto rund 20,5 Gigawatt (20.500 Megawatt) liefern konnten. Mit der sofortigen Stilllegung der sieben ältesten Reaktoren und des Pannenmeilers Krümmel fallen 8,4 Gigawatt weg.
Die Bundesnetzagentur geht bei ihrer Analyse überschüssiger Kapazitäten anders vor und kommt damit auf ganz andere Ergebnisse: Mit einer Umfrage bei den großen Energieversorgern ermittelte sie nur 520 Megawatt Kaltreserve, wie eine Sprecherin sagt. Doch hält die Behörde mindestens 1.000 Megawatt für nötig. Bis August will die Behörde deshalb prüfen, ob für die kommenden beiden Winter doch noch einer der alten Atomreaktoren für den Notfall bereit stehen soll.
Ob nun ein Reaktor vorgehalten wird oder nicht - klar ist, dass die übrigen vorhandenen Kraftwerke in Spitzenzeiten ziemlich nah am Anschlag laufen müssen, um die Atomlücke zu schließen. Und darunter sind ausweislich der Kraftwerksdatenbank beim Umweltbundesamt auch noch Uraltdreckschleudern aus den 50er und 60er Jahren.
(dapd/tt/kos /3)