Millionenschwere Lobbykampagne der Atomindustrie offengelegt

31.10.2011 von

Nach der Veröffentlichung interner Dokumente zu Lobbykampagnen der Atomindustrie haben Politiker und Nichtregierungsorganisationen schärfere Regeln gegen verdeckten Lobbyismus gefordert.

„Wir brauchen ein Lobbyregister und Regeln, die transparent machen, von welchen Interessenvertretern in Deutschland an wen Geld fließt“, sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin der „Tageszeitung (taz)“. Die veröffentlichten Dokumente zeigten, dass es mit einer „generalstabsmäßigen und guten Kampagne möglich ist, einen großen Teil redaktioneller Berichterstattung zu beeinflussen“.

Die „taz“ hatte am Wochenende interne Dokumente einer Werbeagentur auf ihrer Homepage veröffentlicht. Sie geben Einblick in eine Kampagne, mit der von Mai 2008 bis zur Bundestagswahl 2009 eine öffentliche „Grundstimmung pro Laufzeitverlängerung“ hergestellt werden sollte. Dabei sei auch teilweise direkt Einfluss auf Medienberichterstattung genommen worden.

Aus den Dokumenten geht hervor, dass die Lobbyagentur Deekeling Arndt Advisors (DAA) eine drei Millionen Euro teure Kampagne für das Deutsche Atomforum plante, in dem die vier deutschen AKW-Betreiber Eon, RWE, EnBW und Vattenfall zusammengeschlossen sind. Zu dem Konzept zählte unter anderem das Organisieren von Hintergrundgesprächen, Pressereisen, bezahlter wissenschaftlicher Expertise und das Lancieren von Presseartikeln.

Die Agentur schlug dazu vor, man müsse die „Dialogbereitschaft glaubwürdig unterfüttern“, die „öffentliche Debatte entideologisieren“, „Deutungshoheit übernehmen“ und „pressewirksame Energiedialoge initiieren“. Als Beispiel für einen solchen Debattenbeitrag wird ein Vortrag des Historikers Arnulf Baring zum 50-jährigen Bestehens des Atomforums am 1. Juli 2009 in Berlin genannt.

Baring räumte auf „taz“-Anfrage ein, dass ihm die Agentur für den bezahlten Vortrag „zugearbeitet“ habe. Zudem gelang es der Agentur, den Beitrag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ unterzubringen. Darin kritisierte Baring eine Energiepolitik mit „ideologischen Scheuklappen“ und mahnte: „Noch können wir energiepolitisch umsteuern.“
(dapd.djn/fgr/mel /3) 

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