TelDaFax - was passiert jetzt?
Es ist kein leichter Auftrag für Biner Bähr: Seit Dienstag trägt der erfahrene Insolvenzverwalter die Verantwortung für die Zukunft des zahlungsunfähigen Energieversorgers TelDaFax. Er übernimmt ein Unternehmen, das in den vergangenen Monaten ein Bild des Chaos bot.
Seit Anfang des Jahres hatte der größte unabhängige deutsche Energieversorger drei verschiedene Vorstandsvorsitzende und wechselte zweimal den Eigentümer. Er verlor Zehntausende Kunden, weil immer mehr Netzbetreiber ihm wegen ausbleibender Zahlungen die Nutzung ihrer Leitungen untersagten. Und er sieht sich mit Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bonn wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung konfrontiert.
"TelDaFax hat im Markt in den letzten Monaten viel Vertrauen verloren. Das macht Lösungen nicht einfacher", weiß Bähr. Am Mittwoch war der vorläufige Insolvenzverwalter zunächst damit beschäftigt, den zahlungsunfähigen Stromversorger zu stabilisieren. "Die ununterbrochene Lieferung von Strom und Gas ist vorrangig", sagte sein Sprecher Wolfgang Weber-Thedy der Nachrichtenagentur dapd. "Selbstverständlich beliefern wir unsere Kunden weiter." Gleichzeitig mahnt er, auch die Kunden müssten ihre Verpflichtung weiter erfüllen und ihre Rechnungen zahlen.
Schritt zwei auf der Agenda des Insolvenzverwalters sei es dann, nach Möglichkeiten für eine Fortführung des Geschäftsbetriebes zu suchen, sagte Weber-Thedy. Gelingt dies nicht, droht TelDaFax die Abwicklung und den mehr als 600 Beschäftigten der Verlust des Arbeitsplatzes.
Mit Schleuderpreisen auf Kundenjagd
Um das angeschlagene Unternehmen im letzten Moment zu retten, räumt das deutsche Insolvenzrecht dem Insolvenzverwalter eine enorme Machtfülle ein. Er kann laufende Verträge sofort einseitig beenden, wenn sie für das Unternehmen eine Last sind. Dies gilt - mit dreimonatigen Kündigungsfristen - selbst für langlaufende Miet- und Arbeitsverträge.
Außerdem gibt das Insolvenzrecht Bähr noch ein bisschen Starthilfe. Drei Monate lang muss sich der Insolvenzverwalter über die Löhne für die 600 TelDaFax-Beschäftigten keine Sorgen machen. Sie beziehen stattdessen Insolvenzgeld vom Arbeitsamt.
Bähr hofft offenbar noch, TelDaFax retten zu können. Angesichts der verhärteten Marktstrukturen auf dem deutschen Energiemarkt "wäre es bedauerlich, wenn ein aktiver und unabhängiger Wettbewerber wie TelDaFax aufgeben müsste", meinte er unmittelbar nach seinem Amtsantritt.
Allerdings stellt sich die Frage, wie ein künftiges Geschäftsmodell für TelDaFax überhaupt aussehen könnte. Der Strom-Discounter hat sich zwar innerhalb weniger Jahre einen riesigen Kundenstamm aufgebaut, doch wurde dabei der Strom zuweilen sogar unter dem Einkaufspreis verschleudert. Eine Strategie, die sicherlich keine Zukunftsperspektiven bietet.
Dass manchmal jeder Rettungsversuch zu spät kommt, weiß kaum jemand besser als Biner Bähr. Fast ein Jahr lang hatte er als Insolvenzverwalter 2008/2009 um den Erhalt der Warenhauskette Hertie gekämpft. Vergeblich.
(Erich Reimann / dapd)