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Brandenburg fordert Strom-Soli für Ostdeutschland
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) fordert eine geänderte Lastenverteilung und damit günstigere Strompreise für Ostdeutschland. Nach Ansicht des SPD-Politikers seien die Kosten der Energiewende als Bestandteil der Netznutzungsentgelte, die jeder Stromkunde zu zahlen hat, ungleich verteilt. Zugunsten Ostdeutschlands sollten die Kosten in höherem Maße vereinheitlicht werden.
Zahlt ein Stromkunde in Köln einen niedrigeren Strompreis als ein Kunde in Potsdam, so ist dies im Wesentlichen auf unterschiedlich hohe Netznutzungsgebühren zurückzuführen. Während bspw. in Nordrhein-Westfalen diese Gebühr bei eher 6 Cent pro Kilowattstunde liegt, müssen in Brandenburg bei gleicher Abnahmemenge über 10 Cent gezahlt werden. Bei einem Durchschnittshaushalt mit 3.500 kWh/Jahr macht dies immerhin eine Differenz von 140 Euro aus. Bei Gewerbe- und Industriekunden ist die prozentuale Abweichung ebenfalls groß.
Laut Bundesnetzagentur zahlen Stromkunden in Ostdeutschland in der Regel deutlich mehr für ihren Strom als westdeutsche Stromkunden. Schuld sind die großen Unterschiede bei den Netznutzungsentgelten. Diese ungleiche Verteilung nimmt nun erneut Brandenburgs Ministerpräsident Woidke zum Anlass, eine gerechtere Lastenverteilung zu fordern. Gemeint sind niedrigere Kosten für ostdeutsche Regionen und damit implizit höhere Kosten für westdeutsche Gebiete. Ein Solidaritätsbeitrag über die Stromrechnung.
Als Ursache für die Ungleichheit sieht Woidke die Kosten der Energiewende, die Bundesländer wie Brandenburg aufgrund eines relativ hohen Anteils Erneuerbarer Energien benachteilige. Richtig ist, dass Netzkosten in Regionen mit einem hohen Anteil an Erneuerbaren Energien höher sind als in Regionen, in denen dieser Anteil geringer ist. Jedoch fließen in das Netznutzungsentgelt diverse andere Kosten ein, die nichts mit der Energiewende zu tun haben.
Netznutzungsentgelte orientieren sich an tatsächlichen Kosten
Das jeweilige Netznutzungsentgelt wird vom örtlichen Netzbetreiber festgelegt und aufgrund der Monopolstellung des Netzbetreibers von der Bundesnetzagentur oder Landesbehörden genehmigt. Die Genehmigung beinhaltet eine Erlösobergrenze, die dem Netzbetreiber nach Einrechnen der Netzkosten zugestanden wird. Ein wesentlicher Kostenblock wird bspw. durch die Auslastung der Netze bestimmt. Durch geringe Auslastung etwa durch fehlende Industrieproduktion oder Bevölkerungsrückgang verteilen sich die Kosten auf wenige Verbraucher. Auch das Alter der Netze spielt eine Rolle. Westdeutsche Netze sind zumeist älter und weniger Kostenbelastet als ostdeutsche. Die Differenz zwischen den Strompreisen in Ost und West ist also nicht nur auf die Energiewende zurückzuführen, sondern basiert im Wesentlichen auf tatsächlichen Kostenunterschieden.
In der genehmigten Erlösobergrenze ist auch die Marge des Netzbetreibers enthalten. Die meisten Netzbetreiber sind kommunale Unternehmen bei denen es die Politik in der Hand hat, Netzentgelte zulasten der Marge zu senken.
Eine Vereinheitlichung bestimmter Kostenbestandteile, wie sie Woidke fordert, könnte zu einem späteren Zeitpunkt jedoch wieder zulasten ostdeutscher Länder entwickeln. Der sehr teure Bau von Stromtrassen von Nord nach Süd – insbesondere auf Wunsch Bayerns zu großen Teilen unterirdisch – wird die Netzentgelte zukünftig belasten. Eine Vereinheitlichung würde hier bayerische Regionen entlasten, übrige bundesdeutsche Regionen belasten. Ähnliche Mehrbelastungen für ostdeutsche Regionen entstehen, wenn westdeutsche Stromnetze erneuert werden. Dann kehrt sich die heutige Situation um, in der die ostdeutschen über den westdeutschen Netzkosten liegen.