BGH: Sonderkündigungsrecht auch bei Erhöhung staatlicher Abgaben und Steuern
Regelmäßig erhöhen Stromanbieter die Stromtarife, wenn sich staatliche Abgaben und Steuern erhöhen. Bisher war strittig, ob dies für Stromkunden zu einem Sonderkündigungsrecht führt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun im Sinne der Stromkunden entschieden.
Der Strompreis setzt sich zum größten Teil aus staatlichen Abgaben und Steuern zusammen. Die Erneuerbare Energien Umlage (EEG-Umlage) ist die bekannteste und mit derzeit (2017) 6,88 Cent pro Kilowattstunde höchste dieser staatlichen Abgaben. In unschöner Regelmäßigkeit steigen diese Abgaben an. In der Regel zum 1. Januar eines Jahres. Die jeweiligen Erhöhungen geben die meisten Stromanbieter direkt an die Stromkunden weiter.
Bisher wurde gestritten, ob eine Erhöhung der Stromtarife immer ein Sonderkündigungsrecht einräumt. Unstrittig verbunden mit einem Sonderkündigungsrecht waren Strompreiserhöhungen, wenn der Stromanbieter den sogenannten Energiepreis anhob. Also den Teil, den der Stromanbieter durch eigene Einkaufs- und Margenpolitik selber bestimmen kann. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun entschieden, dass auch eine Erhöhung des Stromtarifes aufgrund gestiegener staatlicher Abgaben und Steuern automatisch zu einem Sonderkündigungsrecht führt. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat somit gegen den Stromanbieter Stromio gewonnen. Dieser hatte ein derartiges Sonderkündigungsrecht in seinen AGB ausgeschlossen.
Betroffene Stromkunden können rückwirkend Erstattungen fordern
Mit der BGH-Entscheidung haben Stromkunden Sicherheit gewonnen. Bei allen zukünftigen Erhöhungen des Stromtarifes erhält der Stromkunde ein Sonderkündigungsrecht. In der Regel muss dann eine Kündigung des Stromvertrages bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Strompreiserhöhung ausgeübt werden. Dabei muss der Stromanbieter rechtzeitig über die Erhöhung des Stromtarifes informieren.
Verbraucher, die ihrer Stromrechnung wegen unwirksamer Preisanpassungsklauseln bisher nicht widersprochen haben, können (überhöhten) Rechnungen noch widersprechen und dann auf Erstattungen hoffen.
Tipp: Im Zuge eines Stromanbieterwechsels erledigt der zukünftige Stromanbieter die Kündigung gegenüber dem bisherigen Stromversorger. Ein Sonderkündigungsrecht sollte gegenüber dem Stromanbieter jedoch immer eigenständig vom Stromkunden vorgenommen werden. Erst nach dieser (Sonder-) Kündigung sollte dann der Stromanbieterwechsel durchgeführt werden.
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