BGH: Sonderkündigungsrecht auch bei Erhöhung staatlicher Abgaben und Steuern

18.07.2017 von

Regelmäßig erhöhen Stromanbieter die Stromtarife, wenn sich staatliche Abgaben und Steuern erhöhen. Bisher war strittig, ob dies für Stromkunden zu einem Sonderkündigungsrecht führt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun im Sinne der Stromkunden entschieden.
 
 
Der Strompreis setzt sich zum größten Teil aus staatlichen Abgaben und Steuern zusammen. Die Erneuerbare Energien Umlage (EEG-Umlage) ist die bekannteste und mit derzeit (2017) 6,88 Cent pro Kilowattstunde höchste dieser staatlichen Abgaben. In unschöner Regelmäßigkeit steigen diese Abgaben an. In der Regel zum 1. Januar eines Jahres. Die jeweiligen Erhöhungen geben die meisten Stromanbieter direkt an die Stromkunden weiter. 

Bisher wurde gestritten, ob eine Erhöhung der Stromtarife immer ein Sonderkündigungsrecht einräumt. Unstrittig verbunden mit einem Sonderkündigungsrecht waren Strompreiserhöhungen, wenn der Stromanbieter den sogenannten Energiepreis anhob. Also den Teil, den der Stromanbieter durch eigene Einkaufs- und Margenpolitik selber bestimmen kann. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun entschieden, dass auch eine Erhöhung des Stromtarifes aufgrund gestiegener staatlicher Abgaben und Steuern automatisch zu einem Sonderkündigungsrecht führt. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat somit gegen den Stromanbieter Stromio gewonnen. Dieser hatte ein derartiges Sonderkündigungsrecht in seinen AGB ausgeschlossen.

Betroffene Stromkunden können rückwirkend Erstattungen fordern

Mit der BGH-Entscheidung haben Stromkunden Sicherheit gewonnen. Bei allen zukünftigen Erhöhungen des Stromtarifes erhält der Stromkunde ein Sonderkündigungsrecht. In der Regel muss dann eine Kündigung des Stromvertrages bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Strompreiserhöhung ausgeübt werden. Dabei muss der Stromanbieter rechtzeitig über die Erhöhung des Stromtarifes informieren.

Verbraucher, die ihrer Stromrechnung wegen unwirksamer Preisanpassungsklauseln bisher nicht widersprochen haben, können (überhöhten) Rechnungen noch widersprechen und dann auf Erstattungen hoffen. 

Tipp: Im Zuge eines Stromanbieterwechsels erledigt der zukünftige Stromanbieter die Kündigung gegenüber dem bisherigen Stromversorger. Ein Sonderkündigungsrecht sollte gegenüber dem Stromanbieter jedoch immer eigenständig vom Stromkunden vorgenommen werden. Erst nach dieser (Sonder-) Kündigung sollte dann der Stromanbieterwechsel durchgeführt werden.

 
Vielleicht interessiert Sie auch:

Serie (1): Wie funktioniert eigentlich...

... ein Atomkraftwerk? Über Atomkraft wird viel diskutiert. In unserer neuen Serie "Wie funktioniert eigentlich...?" erklären wir die Funktion von Dingen, die im Strommarkt wichtig sind. Den Auftakt machen die Atomkraftwerke. weiter

Serie (2): Wie funktioniert eigentlich....

... die CO2-Lagerung? Das klimaschädliche Gas soll lagerfähig gemacht und in Endlagern untergebracht werden. Schwierig jedoch ist die Umsetzung. weiter

Serie (3): Wie funktioniert eigentlich...

...die Energiesparlampe? Energiesparlampen haben technisch nichts mit herkömmlichen Glühlampen zu tun. Deren Funktion ist simpel. Energiesparlampen sind eher Verwandte der Leuchtstoffröhren.

weiter

Serie (5): Wie funktioniert eigentlich...

...eine Wämepumpe? Diese Pumpen nutzen Unterschiede in der Temperatur und wandeln sie in Wärme um. Dabei gibt es verschiedenen Formen. weiter

Serie (6): Wie funktioniert eigentlich...

...ein Wasserkraftwerk? Sie nutzen alle die Bewegungsenergie des Wassers, es gibt aber viel unterschiedliche Typen. weiter

Serie (7): Wie funktioniert eigentlich...

... ein intelligenter Stromzähler? Und was ist an ihm intelligent? Die auch "Smart Meter" genannten Zähler sind zwar nicht wirklich schlau, geben dem Benutzer aber viele neue Stromspar-Möglichkeiten. weiter

Serie (8): Wie funktioniert eigentlich...

... eine Batterie? Und wie ein Akku?
Die Funktion von Batterie und Akku basiert zwar auf dem gleichen Prinzip, doch der Akku weiß es cleverer zu nutzen.
weiter

Serie (9): Wie funktioniert eigentlich...

... das Stromnetz? Weit über eine Million Kilometer lang ist das deutsche Stromnetz. Aber wie funktioniert das? Wir verfolgen den Weg des Stroms vom Kraftwerk zum Verbraucher.
weiter

Serie (10): Wie funktioniert eigentlich...

...ein Kohlekraftwerk? Seit Beginn des 18. Jahrhunderts nutzen Menschen Kohle als Energieträger. Doch wie genau? Und wie lange noch? weiter

Serie (11): Wie funktioniert eigentlich...

... ein Elektromotor?
Neuheit Elektromotor? Nein, denn bereits vor 100 Jahren beherrschte er die Straßen – bis der Ottomotor ihn vertrieb. Seit Jahren steigende Benzinpreise machen ihn jetzt wieder interessant.
weiter

Serie (12): Wie funktioniert eigentlich...

...eine LED? Licht emittierende Dioden produzieren Licht - haben aber sonst nichts mit Glühlampen oder Energiesparlampen zu tun. Sie nutzen vielmehr die Schwäche eines unserer Sinnesorgane: die des Auges. weiter

Serie (14): Wie funktionierte eigentlich...

...die Elektrifizierung?
 
Elektrifizierung, das ist die Entwicklung der Elektrizität von den Anfängen bis zum heutigen Stand der Technik. Aber wie hat das angefangen?
weiter