E-Bikes: Was Deutschland von China lernen kann
In Deutschland explodieren die Verkaufszahlen von elektrisch betriebenen Fahrrädern, den E-Bikes oder Pedelecs. Allein zwischen 2005 bis 2008 stiegen die Verkäufe nach Angaben des Verbands pd-f von 25.000 auf über 100.000. Das ist viel? Nein, ein Blick nach China beweist, was für ein Potential dort schlummert, aber auch, was man besser machen muss.
Natürlich: China ist mit rund 1,3 Milliarden Menschen wesentlich größer als Deutschland mit seinen 82 Millionen Einwohnern. Trotzdem lohnt sich ein Blick auf das Mutterland der Fahrräder, wenn man etwas über E-Bikes wissen will. Denn China steht in den Großstädten vor einem noch intensiverem Verkehrschaos als die deutschen Städte zum Berufsverkehr. Seit Jahrzehnten schon bewegen sich Millionen Chinesen jeden Tag per Fahrrad zum Arbeitsplatz, was allerdings nicht aus einem gestiegenen Umweltbewusstsein resultiert, sondern aus finanzieller Not. Ein Auto ist vielfach zu teuer.
Im Vergleich zu den Autos und Motorrollern erschien das E-Bike deshalb als die Rettung aus der Not: Ein Hauch von Komfort, gekoppelt mit dem emissionsfreien Fahren schien die Lösung zu sein. Resulat: Auch in China explodieren die Verkaufszahlen der Elektrofahrräder. Und dazu erscheint der Trend in Deutschland eher ein laues Lüftchen zu sein. Mittlerweile - kein Tippfehler - sollen sich 120 Millionen E-Bikes auf Chinas Straßen tummeln, allein 800.000 davon in der Hauptstadt Peking. Im Vergleich dazu: In den USA laufen landesweit lediglich 200.000 E-Bikes, was selbst im Vergleich zu Deutschland ärmlich erscheint.
Traumhafte Zustände im Reich der Mitte also? Das muss man differenzierter betrachten. Erstmal unterscheiden sich chinesische E-Bikes meist von den europäischen Varianten. In China gleichen die meisten E-Bikes eher Elektrorollern oder Mischungen aus Roller und Fahrrad. Hier ein paar Beispiele (in Englisch). Die Vielfalt der Bauformen hat ebenfalls dazu geführt, dass es geschätzt rund 3.000 Hersteller von E-Bikes in China gibt, die ein solches Rad ab umgerechnet 200 Euro anbieten. Jedes Jahr kommen rund 20 Millionen neue E-Bikes in den Verkehr.
Das Schlaraffenland bekommt weitere Risse, wenn man sich die Technik der Räder ansieht. Zwar sind die Batterien für sich genommen nicht sonderlich groß, doch basieren sie auf veralteten Technik. Hier kommen noch (giftige) Blei-Batterien zum Einsatz, die schwer sind und wenig Kapazität bieten. Und die schiere Menge der benötigten Batterien sorgt dafür, dass bis zu 20% der verfügbaren Bleimenge für die Batterieproduktion verwendet wird. Daher ist der Bleipreis allein im vergangenen Jahr um 52% gestiegen. Denn die Uralt-Akkus halten auch nicht lange, so dass man über den Lebenszyklus eines solchen Rades etwa fünf neue Akkus braucht. Der Strom für die Bikes stammt zudem aus veralteten Kohlekraftwerken, die mit die größten Umweltverschmutzer im Riesenreich sind.
Das Wall Street Journal macht noch einen anderen Grund gegen die chinesischen E-Bikes aus. Die chinesischen E-Bikes erfüllen nehezu keine europäischen Sicherheitsstandards. Die Zahl der im Verkehr getöteten Elektrofahrrad-Piloten stieg denn auch von 34 auf rund 2.500 (!) pro Jahr.
Gunnar Fehlau vom Pressedienst Fahrrad erklärte gegenüber Stromtipp.de, dass man für ein vernünftiges E-Bike etwa 1.500 Euro oder mehr anlegen müsse - und das sollte man angesichts dieser Unterschiede auch tun.