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Der Super-GAU von Tschernobyl


TschernobylDie Bilanz des Super-GAUs im Kernkraftwerk von Tschernobyl war schrecklich: Es wurde 200 Mal so viel Strahlung freigesetzt wie bei den Atombomben von Hiroshima und Nagasaki. Hunderte Notfall-Einsatzkräfte, vor allem die ersten Arbeiter am zerstörten Reaktorblock, die sogenannten "Liquidatoren", starben. Bis zu 60.000 Menschen werden durch Krebserkrankungen sterben, bis zu 600.000 Menschen haben eine erhöhte Strahlendosis abbekommen. Hierbei handelt es sich um Obergrenzen, die Internationale Atomenergieagentur IAEA und die Weltgesundheitsorganisation WHO nennen geringere Zahlen.

Nach der Katastrophe am 26. April 1985 wurden Hunderttausende evakuiert und umgesiedelt. Noch heute ist die Gegend um das Kraftwerk gesperrt. Der Umkreis von zehn Kilometern um das Kraftwerk ist absolutes Sperrgebiet, die ehemaligen Bewohner der darin befindlichen Ortschaften dürfen nur zwei Mal im Jahr hinein, um die Gräber ihrer Angehörigen zu besuchen. Große Areale in Weißrussland, Russland und der Ukraine wurden teilweise stark kontaminiert.

Mehr als 4,5 Millionen Menschen wurden in Weißrussland und in der Ukraine als Opfer der Tschernobyl-Katastrophe anerkannt, weil sie in den stark verseuchten Gebieten leben. Der radioaktive Niederschlag von Tschernobyl kontaminierte etwa 40 Prozent der Fläche Europas, schreiben die britischen Wissenschaftler Ian Fairlie und David Sumner in ihrem Tschernobyl-Bericht. "Etwa 3.900.000 Quadratkilometer von Europa wurde durch Cäsium-137 kontaminiert." Cäsium-137 ist ein lang strahlendes Spaltprodukt mit einer Halbwertszeit von 30 Jahren, das zusammen mit dem Cäsium-134 mittel- und langfristig größere radiologische Auswirkungen hat.

Strahlenbelastung auf der gesamten Erdnordhalbkugel

Der GAU von Tschernobyl führte zu einer Strahlenbelastung auf der gesamten Nordhalbkugel der Erde. Die Ursache hierfür lag in der Bauart des Reaktors begründet. Im Meiler von Tschernobyl wurde ein graphitmoderierter Siedewasserreaktor betrieben - und das Graphit entpuppte sich als Hauptproblem. Für den Morgen des 26. April 1986 war ein spezifischer Belastungstest des Reaktors angesetzt. Dabei traten technische Pannen auf und es wurden gravierende menschliche Fehler gemacht. Der Reaktor geriet außer Kontrolle und es kam zu zwei Explosionen im Block 4 des Kernkraftwerks.

"Die Explosionen trieben große Wolken aus radioaktiven Gasen und Schutt 7 bis 9 Kilometer hoch in die Atmosphäre", heißt es bei Fairlie und Sumner. Etwa 30 Prozent der 190 Tonnen Kernbrennstoff des Reaktors, also fast 60 Tonnen, seien über das Gebäude und die angrenzenden Gebiete verteilt, ein bis zwei Prozent in die Atmosphäre geschleudert worden. "Der nachfolgende Brand wurde von 1.700 Tonnen Graphit genährt und dauerte acht Tage. Dieser Brand war der Hauptgrund für das extreme Ausmaß der Katastrophe von Tschernobyl." Der Wind trieb strahlende Partikel über tausende Kilometer, wo sie dann abregneten.

Sarkophag muss erneuert werden

Das KKW in Tschernobyl wurde stillgelegt und der Katastrophenreaktor mit einer Betonhülle, genannt Sarkophag, gedeckelt. Aufgrund von Schäden an dieser ersten Betonhülle wurde die Konstruktion einer zweiten gigantischen Schutzhülle beschlossen, die den gesamten Bau einschließen soll. Er soll neben dem Reaktor aufgebaut und auf Schienen über den alten Sarkophag gefahren werden. Wann dieses Projekt abgeschlossen ist, lässt sich derzeit nicht sagen.

Der volkswirtschaftliche Schaden des Super-GAUs von Tschernobyl wird auf 300 Milliarden US-Dollar geschätzt.

(Steffen Mayer / dapd)

 

 

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