Stromanbieter in Deutschland
Stromanbieter in Deutschland
Der deutsche Strommarkt ist rechtlich gesehen bereits liberalisiert. Neben Deutschland haben nur die skandinavischen Länder, Großbritannien, Österreich und Spanien ihren Strommarkt zu 100 Prozent geöffnet. Zwischen 1996 und 1998 hat der Europäische Rat verschiedene Richtlinien verabschiedet, die die Öffnung der nationalen Strom- und Erdgasmärkte regeln sollte.
Am 19. Februar 1997 trat in der EU die Binnenmarktrichtlinie Elektrizität in Kraft (RL 96/92/EG), mit der Vorgabe an die Mitgliedsstaaten, sie bis spätestens 19. Februar 1999 in nationales Recht umzusetzen. Diese Richtlinie bestimmt die Organisation des Strommarktes, des Marktzugangs alternativer Stromanbieter sowie Vorschriften für den Betrieb der Übertragungs- und Verteilernetze.
Deutschland setzte die Binnenmarktrichtlinie mit der Novellierung des aus dem Jahr 1935 stammenden Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) in nationales Recht um und öffnete den deutschen Strommarkt am 29. April 1998. Obwohl die Richtlinie eine allmähliche, über Jahre dauernde schrittweise Öffnung des Marktes erlaubt hätte, hat Deutschland sofort den Strommarkt zu 100 Prozent geöffnet. Infolge dieser Liberalisierung verloren die Stromanbieter ihren bis dahin vertraglich garantierten Gebietsschutz. Bis 1998 bestand in Deutschland die sogenannte dreistufige Versorgungsstruktur:
- 8 überregionale Verbundunternehmen, die 82 Prozent des Stroms erzeugten
- ca. 80 regionale Versorgungsunternehmen (7 Prozent der Stromerzeugung)
- ca. 900 kommunale Versorgungsunternehmen (11 Prozent der Stromerzeugung)
Die regionalen Stromanbieter haben innerhalb ihres Netzgebietes auch nach der Liberalisierung immer noch eine Anschluss- und Versorgungspflicht. Damit muss jeder Haushalt in dem Netzgebiet zu den Allgemeinen Stromtarifen an das Niederspannungsnetz angeschlossen werden und jederzeit mit Strom versorgt werden. Selbst in Haushalten, die einen Vertrag mit einem alternativen Stromanbieter abgeschlossen haben, muss der örtliche Versorger bei einem Ausfall der Stromlieferung die Versorgung sichern. Deshalb ist der Wechsel des Stromanbieters auch ohne Risiko: Selbst wenn der neue Versorger pleite gehen sollte, springt der Regionale sofort ein.
Der freie Wettbewerb hat seit 1999 zunächst zu einem starken Preiskampf geführt. Stromanbieter haben ihre Überkapazitäten abgebaut, ihre Unternehmen umgebaut und rationalisiert. Die Folge davon war ein Konzentrationsprozess auf dem deutschen Energiemarkt. Rund 80 größere Stromanbieter fusionierten und rund 500 kleinere Unternehmen vereinbarten Kooperationen oder strategische Allianzen, um sich Marktanteile zu sichern. Die Zahl der großen Verbundunternehmen reduzierte sich von acht auf vier. Aus Preussen-Elektra und den Bayernwerken entstand der Stromanbieter E.on. RWE schloss sich mit VEW zusammen. Aus Bewag, HEW, Laubag und VEAG wurde Vattenfall Europe.
Die Liberalisierung der Energiemärkte in Deutschland hat nach Ansicht von Verbraucherschützern jedoch zu einer Konzentration geführt. Die großen Konzerne beherrschen nach wie vor den Markt. Das liegt auch an der Konzentration der Stromproduktion: Die "großen Vier" stellen in ihren Kraftwerken etwa 85% des gesamten Stroms her. Eine der Folgen: Seit einigen Jahren steigen die Strompreise kontinuierlich an und liegen oftmals weit über dem Niveau vor der Liberalisierung.