Stromanbieter müssen Preiskalkulation offen legen
Der "Billigkeitsparagraph" § 315 BGB
In Paragraph 315 Satz 1 des BGB heißt es: "Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist." Das bedeutet: Wer noch Tarifkunde bei seinem alten Stromversorger ist, kann die Zahlung eines höheren Preises mit Verweis auf § 315 BGB verweigern. Das gilt besonders für Nachtstromkunden, denen in der Regel der Wechsel zu einem anderen Versorger nicht offen steht.
Betroffene können sich daher auf § 315 BGB berufen und ihre Stromrechnung unter dem Vorbehalt zahlen, dass der Energieversorger die "Billigkeit" seiner Preiserhöhung beweist. Eine Alternative ist es, von vornherein nur den alten Strompreis zu überweisen.
In beiden Varianten muss man sich auf einen Streit vor Gericht einstellen. Im ersten Fall wird man selbst klagen, vielleicht auch als Teil einer Sammelklage. Sonst bekäme man das "unter Vorbehalt" gezahlte Geld nie zurück oder erst dann, wenn jemand anderes mit dem gleichen Argument gegen den Stromversorger vor Gericht gewonnen hat. Im zweiten Fall könnte der Stromversorger Klage einreichen, um die Preiserhöhung gerichtlich durchzusetzen.
Wann kann man die Zahlungen kürzen?
Grundsätzlich gilt: Wegen eines Preises, dem man am Anfang des Vertragsverhältnissen zugestimmt hat oder den man faktisch dadurch akzeptiert hat, dass man bisher immer anstandslos die fälligen Rechnungen bezahlt hat, kann man keinen Widerspruch unter Berufung auf §315 BGB einlegen. Das geht nur, wenn der Stromversorger entweder von seinem einseitigen Recht auf Preisänderungen Gebrauch macht (Grundversorgung) oder sich auf eine Preisänderungsklausel im Vertrag bezieht, die vor Gericht angefochten werden kann.
Was darf der Versorger, was nicht?
Verbrauchern, die von ihrem Stromanbieter einen Nachweis der Billigkeit im Sinne des § 315 BGB fordern, darf der Stromanbieter keine Mahnung wegen fehlender Fälligkeit schreiben, und der Kunde kann auch nicht in Verzug kommen. Ebenso wenig darf der Stromanbieter in einer solchen Situation eine Stromsperre androhen - dies wäre sogar rechtsmissbräuchlich.
Ungültige Preisanpassungsklauseln in den Stromlieferverträgen
Auch wer Sondervertragskunde ist oder bereit zu einem neuen Anbieter gewechselt ist, kann gegen eine drohende Preiserhöhung protestieren. Rund 29.000 Heizstromkunden der e.on Hanse hatten damit bereits Erfolg. Das Oberlandesgericht Schleswig gab einer Klage des Bundesverbands Verbraucherzentrale (vzbv) statt, in der es um ungenaue und intransparente Vertragsklauseln zur Preis- und Leistungsänderung ging. Für die Kunden sei nicht ersichtlich gewesen, in welchem Umfang und unter welchen Bedingungen sich der Preis ändern würde, so das Gericht. Diese Klauseln wurden für unwirksam erklärt, die Kunden konnten zuviel gezahlte Beträge zurückfordern.