Kritik und Prognosen zum EnWG und zur Entwicklung der Energiepreise
Wirtschaft begrüßt Verabschiedung des EnWG
Die deutsche Stromwirtschaft begrüßte das EnWG trotz Kritik an Einzelheiten. Das Gesetz bringe Klarheit über die künftigen Rahmenbedingungen im Strommarkt, erklärte Eberhard Meller, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Elektrizitätswirtschaft (VDEW). Meller kritisierte jedoch die Abstriche beim Konzept der Substanzerhaltung: "Die Finanzkraft der Stromunternehmen wird dadurch geschwächt, dass bei der Kalkulation der Netzentgelte die Körperschaftssteuer künftig nicht mehr berücksichtigt wird". Außerdem werden künftige Berichtspflichten sowie die Vorabgenehmigung aller Netzentgelte die Kosten treiben. Der Verband der Verbundunternehmen und Regionalen Energieversorger in Deutschland (VRE) kommentierte das neue EnWG als gutes Ergebnis und warnte davor, dass die Vorabgenehmigungspflicht für Netzentgelte die Regulierungsbehörden in den nächsten Monaten überfordern werden.
Der Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU) bewertete die Verabschiedung des EnWG ebenfalls positiv. Der VKU, der u.a. 800 kommunale Strom- und Gasversorger vertritt, sieht eine lang anhaltende Rechtsunsicherheit für Unternehmen beendet. Gleichwohl seien die Belastungen für die Stadtwerke durch das EnWG groß und schwer zu verkraften. Aufwendig wird neben der Dokumentation auch die Erfüllung von Entflechtungsvorschriften (Unbundling). Hierbei müssen schon mittlere Stadtwerke mit einem Zusatzaufwand von 3 bis 10 Mio. Euro rechnen. Aus diesem Grund hält der VKU auch eventuelle Strom- und Gaspreissenkungen für unwahrscheinlich.
Kritik von Umweltverbänden und Kommunen
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bemängelte, dass die detaillierte Kennzeichnungspflicht für die Stromrechnungen im Vermittlungsverfahren stark eingeschränkt wurde. Für echten Wettbewerb sei es wichtig, dass Kunden sich informieren können, wie hoch der Anteil von Wind- und Wasserkraft, von Braunkohlestrom oder Atomenergie ist. Umweltfreundliche Anbieter, die auf die riskante Atomkraft und den klimaschädlichen Kohlestrom verzichten, bekommen dann endlich bessere Chancen, so der BUND. Über mehr Transparenz auf der Stromrechnung können sich die Verbraucher dennoch freuen.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund kritisiert den Kompromiss von Regierung und Opposition zum Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). "Bund und Länder haben bei ihrem Kompromiss im Vermittlungsausschuss eine Kürzung der den Städten und Gemeinden zustehenden Konzessionsabgabe von jährlich 150 Mio. Euro vereinbart", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg. "Dies ist vor dem Hintergrund der nach wie vor sehr angespannten Finanzlage der Kommunen nicht hinnehmbar."
Sinkende Energiepreise durch neues EnWG?
Wenn es nach den an der Novellierung beteiligten Politikern geht, sollen die regulative Begrenzung von Netzentgelten und die einem künftigen Anreizsystem zugrundeliegende Effizienzsteigerung künftig die Strompreise niedrig halten. "Die Energieverbraucher werden durch mehr Wettbewerb im Strom- und Gasmarkt die Gewinner sein", kommentierte Dr. Alois Riehl (CDU) das Ergebnis im Vermittlungsausschuss. Das Gesetz sorge für eine wirksame Kontrolle der Strom- und Gasnetzbetreiber und ist Voraussetzung für echte Kostenentlastungen bei Unternehmen und Haushalten, so Riehl weiter. Bleibt allein die bereits vom VKU aufgeworfene Frage, inwiefern der durch das EnWG entstandene bürokratische Mehraufwand etwaige Preisvorteile für den Verbraucher zulässt.
Als preissteigernder Einfluss muss allerdings die globale Tendenz zu höheren Preisen bei fossilen Energieträgern wie Öl, Gas und Kohle beachtet werden. Aus Sicht führender Energiemanager werden parteipolitische Erwägungen in einigen Jahrzehnten an Bedeutung verlieren. Der Energiemix der Zukunft wird sich nach der globalen Situation auf dem Rohstoffmarkt und klimapolitischen Erwägungen richten. Diese Faktoren werden vornehmlich auch für die zukünftige Preisgestaltung auf dem Energiemarkt verantwortlich sein. Trotz neuem EnWG.
(Juni 2005)