Ausstieg vom Atomausstieg?
Nach derzeitigem Gesetzesstand haben die deutschen Kernkraftwerke eine Laufzeitbefristung auf 32 Jahre seit Inbetriebnahme. Da das jüngste Kraftwerk (Neckarwestheim II) 1989 ans Netz ging, ergibt sich als theoretisches Enddatum der Atomkraftnutzung in Deutschland das Jahr 2021.
Jedoch fordern verschiedene Politiker und die Energiekonzerne, erneut über den Ausstieg vom Atomausstieg nachzudenken. Ihre Argumente: Kernenergie senke die Abhängigkeit von Importgütern wie Erdgas und Öl und helfe den Klimawandel aufzuhalten, da sie im Gegensatz zu Kohlekraftwerken "CO2-frei" Strom erzeuge.
Die Befürworter des Atomausstiegs, die Erneuerbare-Energien-Branche, Umweltschützer und kleinere Stromanbieter, kontern damit, die Atomkraftwerke zementierten das zentrale Energieversorgungssystem und verhinderten damit die Umstellung auf Erneuerbare Energien, die sauberste und unabhängigste Form der Stromerzeugung. Außerdem produziere der Uranabbau neben Umweltgiften und Landschaftszerstörung auch CO2, weswegen die Aussage, Kernenergie stoße kein CO2 aus, falsch sei.
Lohnt es sich, über den Ausstieg vom Ausstieg nachzudenken oder können Erneuerbare Energien zukünftig den Anteil der Atomenergie auffangen? Stromtip.de ist dieser Frage nachgegangen.
Erneuerbare Energien sind die Zukunft
Nach Auffassung von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel kann Strom aus erneuerbaren Energien im Jahr 2020 bereits zu einem Viertel zur deutschen Stromversorgung beitragen. Dadurch können 110 Mio. Tonnen Kohlendioxid (CO2) eingespart werden - doppelt soviel wie heute. Gabriel: "Erneuerbare Energien sind ein stark wachsender Bestandteil der deutschen Stromversorgung. Sie werden ihre Position weiter ausbauen - mit positiven Auswirkungen für die Unabhängigkeit der deutschen Energieversorgung, für Umwelt- und Klimaschutz und nicht zuletzt als Innovationsträger der deutschen Wirtschaft."
Gestützt werden diese Aussagen durch eine Reihe wissenschaftlicher Studien. Eine gemeinsame Untersuchung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), des Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt und Energie und des Zentrums für Sonnenenergie und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) kommt zu dem Schluss, dass die erneuerbaren Energien unter den Rahmenbedingungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) zu einer tragenden Säule im deutschen Strommarkt werden und damit den sinkenden Anteil der Atomenergie auffangen können.
Dagegen steht das Argument, bisher könnte auf Atomenergie nicht verzichtet werden, will man nicht neue klimaschädliche Kohlekraftwerke bauen. Die großen Energiekonzerne weisen darauf hin, es sei sehr schwer, den Anteil der Kernenergie an der Stromerzeugung allein mit Sonne, Wind und Wasser decken zu wollen. Fiele die Kernenergie wie geplant weg, müsse mehr Strom aus Kohle und Gas erzeugt werden. Die Studie des Umweltbundesamtes "Klimaschutz in Deutschland" und der Energiereport IV des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln (EWI) und der Prognos AG zeigen jedoch, auch mit Atomausstieg könnte bis 2020 eine Reduktion des CO2-Ausstoßes um 32 bis 40 Prozent erreicht werden - gemessen an den Emissionsmengen von 1990.