Kohlendioxid-Zertifikate bringen Stromversorgern hohe Gewinne
Das Bundeskartellamt hat nun auf die Beschwerde des Verbandes der industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) eine Untersuchung gegen E.ON und RWE eingeleitet. Ende März lässt das Amt dazu die betroffenen Konzerne, die Beschwerdeführer und die mit der Thematik befassten Behörden zu einer gemeinsamen Anhörung zusammenkommen.
Der VIK kritisiert vor allem, dass die Versorger auch Preise für Zertifikate in Rechnung stellen, die sie zu Handelsbeginn vom Staat kostenlos erhalten haben. Dabei habe der Staat die Kohlendioxid-Rechte den Beteiligten bewusst kostenlos zur Verfügung gestellt, um die Strompreisauswirkungen auf die Verbraucher gering zu halten, erklärt Dr. Alfred Riechmann, Geschäftsführer des VIK. Gesetzgeberisches Ziel sei es auf keinen Fall gewesen, den Energieversorgungsunternehmen die Gelegenheit zu drastischen Erhöhungen der Strompreise zu geben und ihnen so erhebliche "Windfall-Profits" zu ermöglichen. Diese durch einen höheren Preis erzielten Gewinne beziffert der Verband mit 5 Milliarden Euro.
Trotz der seit Mitte 2005 festgestellten leichten Absenkung und Konsolidierung der Kohlendioxid-Preise sind die Strompreise nicht gefallen. Das führt der VIK auf den nicht vorhandenen Wettbewerb auf dem Strommarkt zurück. „Wenn die Politik keine kurzfristigen Maßnahmen ergreift, kann die Strombranche von ihren Kunden bis 2008 einen durch nichts gerechtfertigten zweistelligen Milliarden Euro Gewinn einstreichen", meint Richmann.
Ausblick
Inzwischen hat die Regierung reagiert. So sagte der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie am 17. Januar 2006 auf der Handelsblatt-Jahrestagung Energiewirtschaft in Berlin: "Beim Emissionshandel wollen wir eine Akzentverschiebung. Die Energieversorger erzielen durch die Einpreisung der kostenlos zugeteilten Emissionszertifikate hohe Windfall-Profits. Und zwar in wesentlich höherem Ausmaß als erwartet. Da die Stromversorger offenbar in der Lage sind, auch einen derart hohen Kohlendioxid-Preis auf die Stromkunden zu überwälzen, sinkt ihr Anreiz, in die Effizienz ihrer Anlagen zu investieren. Denn jede dadurch erzielte Emissionsminderung entlastet den Kohlendioxid-Preis und wirkt sich mindernd auf den Strompreis und die Windfall-Profits aus."
Das Bundeswirtschaftsministerium erhofft sich von der Untersuchung des Bundeskartellamtes auch Hinweise darauf, wie die Windfall-Profits in volkswirtschaftlich sinnvolle Bahnen gelenkt werden könnten. Die Regierung denke bereits über ordnungsrechtliche Maßnahmen nach, sagt Staatssekretär Georg Wilhelm Adamowitsch. Dazu zählen die kostenpflichtige Abgabe eines Teils der Zertifikate für die zweite Handelsperiode sowie eine Steuer zur Abschöpfung der Windfall-Profits für Stromkonzerne.
Noch ist nicht abzusehen, ob diese staatlichen Maßnahmen auch tatsächlich Auswirkungen auf den Strompreis haben werden. Zumindest haben die deutschen Stromversorger nach dem Druck aus Brüssel mehr Transparenz angekündigt. Es ist allerdings fraglich, ob dies auch zu mehr Wettbewerb führen wird. Solange der Strommarkt noch von einigen wenigen Konzernen beherrscht wird, die dadurch auch bei den Preisen das Sagen haben, kann es keinen Wettbewerb geben. Dieser kann nur entstehen, wenn die Netze geöffnet werden und neue Anbieter eine reelle Chance auf dem Markt haben.