Entwicklung des Marktes
Stromerzeugung bzw. -beschaffung:
Die Strompreise an der Leipziger Strombörse haben diesen Sommer einen historischen Höchststand erreicht. Bedingt durch die Hitzewelle und gestiegene Rohstoffpreise ist der Strompreis innerhalb eines Jahres um 37 Prozent gestiegen. Das hat unter anderem dazu geführt, dass Strom aus Wind- und Wasserkraftwerken an vielen Tagen billiger war als Strom aus herkömmlichen Kraftwerken. Selbst Strom aus Photovoltaikanlagen war in diesem Sommer erstmals zeitweise günstiger als konventioneller Strom an der Leipziger Strombörse. Während für die großen Stromkonzerne, die selbst Strom erzeugen oder in großen Mengen international einkaufen, der Börsenpreis eine relativ geringe Rolle spielt, ist er eine wichtige Orientierungsgröße für die Entwicklung der Einkaufspreise von Stadtwerken.
Dieser Preisanstieg dient den meisten Anträgen auf Strompreiserhöhungen als Argument, die bisher in mehreren Bundesländern eingegangen sind. Einen Überblick über den Stand der Entscheidungen finden Sie in unserem aktuellen Strompreis-Ratgeber.
Wie wird sich der Strommarkt entwickeln?
Insgesamt stellen sich die Mehrwertsteuererhöhung und die Marktmacht der großen Anbieter als die größten Preistreiber heraus. Selbst wenn die Anträge auf Preiserhöhungen abgelehnt werden, wird die geforderte Weitergabe der reduzierten Netzentgelte wohl von der Steuererhöhung gefressen werden. Die Versuche der Strompreisregulierung werden so lange vergeblich sein, wie sich das Oligopol der Anbieter mit seiner Politik insgesamt behaupten kann. Es aufzubrechen wird mit der Regulierung von Preisen und Entgelten allein nicht zu machen sein, sondern der Wettbewerb auf dem Strommarkt müsste insgesamt intensiver werden. Die Senkung der Netzentgelte war hierzu ein erster wichtiger Schritt.
Andererseits könnte eine starke Absenkung der regionalen Netzentgelte kleinere Stromversorger in Existenznot bringen. Das würde die Konzentrationstendenzen auf dem Strommarkt verstärken statt abschwächen. Die Financial Times Deutschland geht davon aus, dass viele kleinere Stromanbieter entweder fusionieren oder von größeren Unternehmen aufgekauft werden. Obwohl die Großkonzerne kartellrechtlich keine Möglichkeiten mehr für Zukäufe haben, könnten sie sich neben mittelständischen Stromanbietern ins Geschehen einmischen.
Es ist ein Modell im Gespräch, wie das Kartellrecht umgangen werden könnte: Beteiligungen an Stadtwerken in Beteiligungsfonds ausgliedern, welche noch weitere Stadtwerke kaufen können. Zum Beispiel will RWE einen Teil seiner Stadtwerke-Beteiligungen in einen gemeinsamen Fonds mit acht nordrhein-westfälischen Sparkassen und der WestLB einbringen, bestätigte der Konzern am 14.08.06 einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung". So könnte RWE kartellrechtlich bedenkliche Anteile parken, um sie später, wenn sein Gewicht in einem integrierten europäischen Markt geringer wird, zurückzukaufen.
Eine solche Entwicklung würde die Bemühungen um mehr Wettbewerb auf dem Strommarkt jedoch vollständig konterkarieren. Das Kartellamt hat entsprechend angekündigt, die RWE-Pläne sehr genau prüfen zu wollen.
(August 2006)