Energiemix - Konventionelle Energie
Kernenergie
Diese positiven Argumente gelten allerdings nur eingeschränkt. Zwar sind die beiden uranreichsten Staaten Kanada und Australien tatsächlich als "stabile Partner" zu bezeichnen, ein Drittel seiner Uranimporte bezieht Europa jedoch aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion (Russland, Kasachstan, Usbekistan und der Ukraine), gefolgt von Kanada (21 Prozent), Niger (17 Prozent) und Australien (16 Prozent). Australien, wo die meisten noch ungeförderten Uranvorkommen vermutet werden, hat gerade einen Großvertrag mit China abgeschlossen, während Kanadas Nachbar USA ebenfalls zu den größten Uran-Importeuren weltweit gehört. Die Versorgungssicherheit unterscheidet sich strategisch also nicht großartig von der bei Erdgas und Erdöl.
Ebenso wie die fossilen Brennstoffe ist der Rohstoff Uran prinzipiell begrenzt. Schätzungen, für wie viele Jahre der Uranbedarf noch sicher gedeckt ist, gehen von mindestens etwa 47 Jahren aus. Das entspräche in etwa der Lebensdauer eines heute gebauten Reaktors. Diese "statische Reichweite" nimmt einen konstanten Verbrauch von Uran bis zur Erschöpfung der Vorräte an. Je nachdem, welchen zukünftigen Bedarf, welchen Preis und welche Abbaumethoden zugrunde gelegt werden, kommen optimistischere Annahmen, die auch „spekulative“ Ressourcen einbeziehen, auf eine Reichweite von bis zu 160 Jahren. Das entspricht in etwa der Versorgungshöchstdauer mit Kohle.
Dazu kommt die erhebliche Umweltbelastung durch den Uranbergbau, die unter anderem dafür verantwortlich ist, dass in Deutschland heute kein Uran mehr gefördert wird. Diese wird sich verschlimmern, wenn mit der Erschöpfung der leicht abbaubaren Vorräte schwächer konzentrierte Vorkommen (so genannte Armerzlagerstätten) abgebaut werden. Durch die chemische Behandlung („Konversion“) und den vermehrt anfallenden radioaktiven Abraum würden dann wesentlich größere Umweltschäden auftreten als bei der bisherigen Urangewinnung.
Umstritten ist die Kernenergie auch wegen ihres hohen so genannten "Restrisikos" und wegen der großen Mengen radioaktiven Abfalls, der auch während des Betriebes anfällt. Bisher gibt es noch keine sicheren Endlagerstandorte, die den in Deutschland anfallenden Atommüll aufnehmen könnten.
Die Wortschöpfung "Restrisiko" besagt, dass zwar durch moderne Sicherheitsvorkehrungen ein gefährlicher Störfall sehr unwahrscheinlich sei, aber eben nicht ganz ausgeschlossen werden kann. Zwar ist die Gefahr eines Unfalls bei Kernkraftwerken geringer als bei anderen, schlechter gesicherten Kraftwerken. Wenn einer passierte, wären die Auswirkungen jedoch viel schlimmer. Kernkraftgegner verweisen auf das Unglück von Tschernobyl, welches weite Teile Weißrusslands und der Ukraine faktisch unbewohnbar gemacht hat, Tausende Menschen getötet oder schwer geschädigt hat und eine Strahlenbelastung in ganz Europa zur Folge hatte. In den Diskussionen um die Terrorgefahr spielt das Restrisiko - als Möglichkeit eines Angriffs auf Atommeiler – ebenfalls eine Rolle.
Ein weiteres Problem in diesem Fall sind geringfügige Emissionen radioaktiver Strahlung, die sich ebenfalls mit der Zeit summieren. Die extreme Häufung von Leukämiefällen bei Kindern, die flussabwärts vom Kernkraftwerk Krümmel leben, ist nur ein Beispiel.
Im Jahr 2005 mussten nach dem Bericht des Bundesamtes für Strahlenschutz 135 Zwischenfälle in den Atomkraftwerken gemeldet werden. Die meisten entfielen dabei auf die Kategorie N (geringe sicherheitstechnische Bedeutung), zwei jedoch auf die Stufe E (Eilmeldung). Der überwiegende Teil der Störfälle resultierte aus Bauteilverschleiß oder defekten Komponenten sowie aus menschlichen Fehlern.
Dazu kommt der Müll – 450 Tonnen hochradioaktiven Materials jährlich allein in Deutschland. Bereits heute haben sich hierzulande 5.500 Tonnen hochradioaktive und rund 110 000 m³ schwach- und mittelradioaktive Abfälle angesammelt. Da Radioaktivität sich erst über Zeitspannen von Jahrmillionen abbaut, addieren sich die Jahresmengen seit Beginn der Kernenergienutzung und können nur gelagert, aber nicht entsorgt werden. Mit der Umsetzung des Atomausstiegs werden zum Jahr 2030 rund 24.000 m³ hochradioaktive und rund 256.000 m³ schwach- und mittelradioaktive Abfälle endzulagern sein. Würde man diese Menge auf einem durchschnittlichen Fußballfeld aufschichten, wäre der entstehende Turm 40 Meter hoch.
Das letzte Argument für die Kernenergie, die hohe Versorgungssicherheit, ist ebenfalls einzuschränken. In heißen Sommern müssen Kernkraftwerke immer wieder in der Leistung gedrosselt werden – wie zuletzt 2006 -, weil sie das Flusswasser, das sie zum Kühlen verwenden, zu stark erhitzen. Auch Kernkraftwerke sind somit wetterabhängig.
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