Wohin mit all dem CO2?
Wohin mit all dem CO2?
Selbst wenn das CO2 einmal abgeschieden ist, hören die Probleme noch nicht auf. Wo lagert man es? Wie transportiert man es dahin? Eine Option ist die Herstellung von Trockeneis, welche allerdings sehr energieaufwändig ist. Schließlich würde der Transport per LKW, Bahn und Schiff weitere Treibhausgase verursachen. Eine sinnvollere ist die Errichtung von Pipelines, in denen verflüssigtes CO2 direkt in die vorgesehenen Speicher geleitet werden könnte. Auch bei der Verflüssigung entstehen allerdings Kosten und erhöhter Energiebedarf, vom Pipelinebau ganz zu schweigen.
CO2 reagiert im Wasser zu Säure. Leitet man es ins Meer oder in unterirdische Seen, würden diese "versauern". Dies kann schwerwiegende Folgen haben, da viele Wasserorganismen sehr sensibel auf Veränderungen des ph-Wertes, also des Säuregrades des Wassers reagieren. Zum Beispiel zerstört ein zu niedriger ph-Wert die Schalen von Muscheln und anderen Meerestieren mit kalkhaltigen Gehäusen. Außerdem würde das CO2 bereits nach relativ kurzer Zeit wieder an die Oberfläche gelangen. Von der Einleitung in die Ozeane raten die Forscher also ab. Auch ehemalige Steinkohlestollen sind ungeeignet, da durch die labyrinthartige Struktur der jahrhundertealten Untertagebaue unmöglich sämtliche Löcher geschlossen werden könnten – überproportionale Leckageraten wären vorprogrammiert.
Als einzige ökologisch wie ökonomisch sinnvolle Optionen bleiben in der Übersicht der Wissenschaftler in Deutschland nur die Einleitung des CO2 in Salzkavernen und in leere Gasfelder. Die Studie spricht auf dieser Grundlage von einer statischen Reichweite der vermuteten Speicherkapazitäten von 30-60 Jahren. Auch von ihrem quantitativen Potential her kann CCS deshalb allenfalls einen Beitrag leisten – eine Wundertechnologie ist es nicht.
Behindert CCS den Ausbau erneuerbarer Energien?
Vor allem Naturschützer, aber auch alternative Energieanbieter fürchten, die Konzentration auf CCS werde Forschungsgelder binden, die sonst in die Erforschung und Entwicklung Erneuerbarer Energien und energiesparender Technologien geflossen wären. Das könnte letztlich die Energiewende hin zu nachhaltiger Stromerzeugung verhindern oder zumindest verlangsamen, da eine Präferenz für CCS die Großanlagen der etablierten Konzerne weiter begünstige und die Konzerne zum Bau neuer Kohlekraftwerke ermutige.
Aktuell werden in Deutschland zahlreiche neue Kraftwerke geplant, die meisten davon Kohle- und Gaskraftwerke. Bisher bekannt gewordene Planungen umfassen 32 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 18 GW. Da sie überwiegend Altanlagen ersetzen, sei dieser Investitionsschub für das Klima zunächst als positiv zu werten, so die Autoren der Studie, denn er verspreche eine CO2-Einsparung von bis zu 24 Prozent. Leider ist für die Anlagen, mit deren Bau jetzt begonnen wird, CCS noch nicht verfügbar. Das bedeutet, sie müssten später nachgerüstet werden. Die Studie schlägt daher vor, dass Vorbereitungen für die spätere CCS-Nachrüstung für alle jetzt beginnenden Neubauten zur Pflicht werden müssten.
Negativ werten die Autoren dagegen die "schiere Masse" der Anlagen, da sie darauf hindeute, mit der Energiewende werde nicht Ernst gemacht. Schließlich bedeuten sie eine Festlegung auf massenweise fossil erzeugten Strom auf Jahrzehnte hinaus, die zudem vom Nationalen Allokationsplan II privilegiert wird. Damit lege sich Deutschland über den Zeitraum der durchschnittlichen Lebensdauer der Kraftwerke strukturell auf CO2-Emissionen von 150 – 190 Mio. Tonnen pro Jahr fest, kritisieren die Forscher. Bis CCS in allen Anlagen eingebaut sei, werden deshalb noch weiter große Mengen CO2 in die Atmosphäre gelangen und den Klimawandel weiter beschleunigen.
Zum Weiterlesen: BMU-Studie
(Mai 2008)