Die Renaissance der Stadtwerke
Bis vor ungefähr zehn Jahren galt eines als sicher: Welche Stadt oder Kommune sich noch ein Stadtwerk leistete, war hoffnungslos rückständig. Das ändert sich gerade, und die Leidtragenden könnten neben den vier großen Energiekonzerne in Deutschland auch die Stromverbraucher sein - billiger wird's bei den Stadtwerken nicht.
Vor etwa 20 Jahren rollte eine Verkaufswelle durch Deutschland. Reihenweise wurden kleine bis große Stadtwerke an große Konzerne verkauft - allein E.on besitzt heute weit über 70 Stadtwerke in Deutschland. Der Verkauf spülte willkommenes Geld in die leeren Kassen, und viel Staat war mit dem wenig prestigekräftigen Geschäft der Stadtwerke ohnehin nicht zu machen. Der Markt, so die gängige Annahme, würde die Versorgung der Bürger schon kostengünstig halten.
Verkauft wurde alles, was nicht niet- und nagelfest ist: Gebäude, Lieferanten, Kraftwerke, Strom- und Gasnetze und natürlich auch die Kunden. Beschwerden gab es nach anfänglichen Protesten nur wenige: Schließlich war damals der Wettbewerb auf dem Strommarkt im Gegensatz zu heute etwas für Kenner, und so blieb alles beim Alten. Anders als beispielsweise in Hamburg, wo die altehrwürdigen HEW (Hamburgische Electricitäts Werke) in Vattenfall umbenannt wurden, bleibt oft der alte Name bestehen. Er war über viele Jahre bekannt und strahlte Seriosität aus.
Doch das heile Bild bekam bald Risse. Und nicht erst seit den Preisschüben im Jahr 2008 fragen sich die Politiker, ob das alles so richtig war. Kombiniert mit den milliardenschweren Gewinnen der großen Energieverosrger fragte man sich bald, ob der Verkauf lebenswichtiger Dinge wie der Stromversorgung wirklich eine gute Idee war. Zwar können sich kleine Stadtwerke kaum ein neues Kraftwerk leisten, aber ein Verbund wie die Trianel-Gruppe (40 Stadtwerke) oder die Thüga (über 100 Minderheitsbeteiligungen) könnten das schon.
Zudem spielt den kleinen Firmen ein weiterer Trend in die Karten: Große Kraftwerke werden immer seltener gebraucht. Auch wenn aus parteitaktischen Gründen immer mal wieder die Mär von der angeblichen "Stromlücke" bemüht wird - eins ist klar: Die Stromversorgung wandelt sich nicht zuletzt durch die erneuerbaren Energien. Solarmodule auf Hausdächern bringen die Stromversorgung immer weiter weg von großen, zentralen Kraftwerken. Der Bürger wandelt sich in erstaunlicher Geschwindigkeit vom Stromverbraucher zum -produzenten.
Natürlich ist die eigene Stromproduktion noch nicht so stark, dass die großen Konzerne überflüssig werden. Doch der Trend ist da: In Deutschland aktive Stromkonzerne investieren in Solarthermie-Kraftwerke in Spanien, Offshore-Windparks in Großbritannien - und immer seltener hierzulande.