Sind Segway und der Tante Paula-Roller eher ungewöhnliche Gefährte, setzt der amerikanische E-Roller Vectrix VX-1 auf konventionelle Tugenden: Ihn unterscheidet vor allem der Elektroantrieb von anderen Rollern. Stromtipp.de drehte ein paar Runden auf einem ADAC-Exemplar - abgasfrei, versteht sich.
Die erste Näherung an den Vectrix überrascht. So groß hätte man ihn nicht erwartet. Wer diesen Roller mit den üblichen Vespas vergleicht, kommt um eine Feststellung nicht umhin: Wendig ist er wahrscheinlich nicht. Er gehört mit einem Radstand von über 1,5 Metern zu den üppigeren Vertretern seiner Zunft und folgt damit einem Trend. Da motorisierten Zweirädern seit einigen Jahren der Nachwuchs fehlt, folgt man mit dieser Bauweise den Bedürfnissen der gesetzteren, eher ausflugsorientierten Klientel. Suzuki begründete mit seinen Burgman-Modellen eine neue Roller-Klasse, die mit großvolumigen Motoren, bequemer Sitzposition und gutem Wetterschutz auch außerhalb der Stadt Spaß machen sollen.
Der Vectrix will also mehr touren, als Autos im Stadtverkehr als vierrädige Slalomstangen zu betrachten. Auf den ersten Blick ist es ein ganz normaler Touren-Roller, den im Ruhezustand nichts von seinen benzinbetriebenen Artgenossen unterscheidet. Nach dem ersten Schlüsseldreh ändert sich das: Zwei LCD-Instrumente zeigen Informationen über Ladezustand und Geschwindigkeit, aber noch steht er ja auch seinem Seitenständer. Das sollte möglichst auch so bleiben: Bei einem Umfaller wären immerhin 231 Kilo wieder in die Senkrechte zu wuchten, so viel wie ein ausgewachsenes Tourenmotorrad wiegt. Wir wollten jedoch nicht fallen, sondern fahren.
Doch davor steht erstmal die Einweisung in die Bedienung. Da der Vectrix aus den USA stammt, ist alles auf den ersten Blick ein bisschen komplizierter. US-Firmen haben vor zwei Dingen Angst: dem nächsten Quartalsbericht inklusive Aktienkurs sowie der möglichen Fehlbedienung durch einen Kunden. Trifft das Zweite zu, drohen sehr kostspielige Schadenersatz-Prozesse. Die positive Seite: Man merkt dem Roller an, dass seine Konstrukteure gekonnt die Vorteile des E-Antriebs wie seine Nachteile eingerechnet haben.
Beispiele gefällig? Die 231 Kilo Lebendgewicht in Kombination mit dem langen Radstand lassen einem beim Gedanken an bevorstehende Rangiermanöver den Schweiß auf die Stirn treten. Nicht so beim VX-1: Um vorwärts zu fahren, wird der "Gasgriff" wie gewohnt oben zum Fahrer hin gedreht - entscheidet man sich für einen Dreh in die entgegengesetzte Richtung, bewegt sich der Roller problemlos und leicht zu kontrollieren rückwärts. Das fehlende Motorgeräusch könnte für gefährliche Begegnungen mit unachtsamen Fußgängern sorgen. Deshalb verfügt der Vectrix über eine zweistufige Hupe. In der leiseren Stellung erklingt ein Ton, der deutlich warnt, aber nicht erschreckt.