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Kernphysiker Dürr warnt vor Ausstieg aus dem Atom-Ausstieg
Der Kernphysiker und Ökologe Hans-Peter Dürr warnt eindringlich vor einem Ausstieg aus dem Atom-Ausstieg. Es wäre ein schwerer Fehler, wenn sich die neue schwarz-gelbe Bundesregierung für eine Verlängerung der Laufzeiten der deutschen Kernkraftwerke entscheiden sollte. "Wir erzeugen mit Atomkraftwerken nur relativ wenig Energie, ihre Gefahren sind jedoch ungeheuer", sagte Dürr am Mittwoch in einem ddp-Interview in München. Stattdessen fordert der Wissenschaftler, so schnell wie möglich auf eine Vollversorgung mit Sonnenenergie zu setzen.
"Wenn wir es geschafft haben, in zehn Jahren einen Mann auf den Mond zu schießen, schaffen wir auch die solare Revolution", sagt Dürr. Die Fantasie des Menschen sei im Prinzip unbegrenzt. Letztlich gehe es nur um die Frage, on man bereit sei, die notwendigen Geldsummen in die Energiewende zu stecken. "Wenn Banken pleite gehen, wird einfach Geld gedruckt. Ich würde auch für den Umstieg auf Sonnenenergie auf Teufel komm raus Geld drucken."
Die solare Energiewende ist laut Dürr nur möglich, wenn auch die großindustriellen Strukturen der Energieerzeugung verändert werden.
Die Energieherstellung müsse in der Hand der Bürger und Kommunen, nicht der Großkonzerne oder Staaten liegen. Aus diesem Grund sprach sich Dürr auch gegen das gigantische Wüstenstrom-Projekt Desertec aus, mit dem ein internationales Konsortium von Konzernen und Banken in der Sahara in großem Maße Sonnenstrom erzeugen und nach Europa übertragen will. "Ich habe nichts dagegen, wenn die Afrikaner diese Sonnenkraftwerke selbst bauen wollen. Wir in Europa brauchen sie aber nicht, weil es bei uns genug nutzbare Sonnenstrahlung gibt."
Die Energieherstellung müsse in der Hand der Bürger und Kommunen, nicht der Großkonzerne oder Staaten liegen. Aus diesem Grund sprach sich Dürr auch gegen das gigantische Wüstenstrom-Projekt Desertec aus, mit dem ein internationales Konsortium von Konzernen und Banken in der Sahara in großem Maße Sonnenstrom erzeugen und nach Europa übertragen will. "Ich habe nichts dagegen, wenn die Afrikaner diese Sonnenkraftwerke selbst bauen wollen. Wir in Europa brauchen sie aber nicht, weil es bei uns genug nutzbare Sonnenstrahlung gibt."
Die Energiewende muss nach Dürrs Ansicht mit einem grundlegenden Wandel des Lebensstils in den Industriestaaten einhergehen. "Wir müssen Lebensformen entwickeln, die mit wesentlich weniger Energie auskommen." Dürr nannte die deutsche Gesellschaft "energiesüchtig". Sie verhalte sich wie ein Alkoholiker, der glaube, sein Suchtproblem lösen zu können, indem er in eine Schnapsfabrik einheiratet. Nötig sei deshalb zunächst eine Entziehungskur: "Erst dann können wir überhaupt beurteilen, wie viel Energie wir wirklich brauchen."
Hans-Peter Dürr, der an diesem Mittwoch 80 Jahre alt wurde, ist Mitglied des Club of Rome und war lange Jahre Direktor des Max-Planck-Instituts für Physik in München. Dort war er von 1958 bis 1976 Mitarbeiter des Nobelpreisträgers Werner Heisenberg, der als einer der bedeutendsten Physikers des 20. Jahrhunderts gilt. Dürr promovierte bei Edward Teller, dem umstrittenen "Vater der Wasserstoffbombe". Dürr gilt als wichtiger Impulsgeber der internationalen Umwelt- und Friedensbewegung. 1987 erhielt er den Alternativen Nobelpreis.
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