Tante Paula - der heißt wirklich so

Es gibt wahrscheinlich nicht viele Menschen, die hinter dem Firmennamen „Tante Paula“ einen Hersteller von Elektro-Rollern vermuten würden. Nach Auskunft seines Erfinders, Julian Köhler, geht der Name zurück auf die Tante, die ihm im zarten Kindesalter das Rollerfahren beibrachte. Dem Erfolg tut der ungewöhnliche Markenname jedenfalls keinen Abbruch: Über 10.000 der umweltfreundlichen Stadtflitzer tummeln sich auf Deutschlands Straßen und Radwegen. Stromtipp.de wollte wissen, was hinter dem Erfolg steckt und begab sich auf Tour.
 
Julian Köhler, Geschäftsführer von Tante Paula, macht einen sichtlich zufriedenen Eindruck: Zwar ist der Benzinpreis gerade nicht sonderlich hoch, doch der nächste Schub wird kommen. Und mit ihm die Bestellungen: „Je stärker der Benzinpreis Thema ist, desto höher ist die Nachfrage bei mir.“ Kein Wunder, denn seine Tante Paula-Roller mit den ebenso ungewöhnlichen Modellnamen Maximilian und Ferdinand sind zumindest theoretisch wie geschaffen für diese Situation. Klein, transportabel und noch vergleichsweise günstig – wer sich für ein alternatives Transportmittel ohne Benzinmotor interessiert, dem könnte das Angebot gefallen.

Die ersten Roller elektrisierten ihre Kunden schon im Jahr 2000, mittlerweile ist die zweite Generation am Start. Tante Paula ist also keine Eintagsfliege. Gefertigt werden die Zweiräder in dem Dorf Bracke bei Hamburg, eine TÜV-Prüfung für die Roller ist selbstverständlich. Damit auch die Prozesse innerhalb der Firma stimmen, musste der TÜV auch gleich noch die ganze Firma checken und sein Ok geben.

Genug der Vorbereitung, los geht’s. Mit ein paar Handgriffen sind Lenker und Sitz auf die passende Höhe gebracht. Jetzt noch den Schlüssel umgedreht – und nichts. Der durchschnittliche Automobilist erwartet jetzt ein Schütteln sowie ein paar leuchtende Anzeigen auf dem Armaturenbrett. Hier gibt es zwar auch eine Anzeige für Geschwindigkeit und Ladezustand des Akkus, aber das fällt nicht weiter auf. Auffällig ist eher, dass nichts passiert. Bis man den Gasgriff dreht.

Ein Vorteil von Elektromotoren ist das enorme Drehmoment, welches sofort zur Verfügung steht. Zur Erinnerung: Die Höchstleistung in KW (früher PS) siegt am Stammtisch, das Drehmoment, also die Durchzugsfähigkeit, in der Realität. „Er ist gut am Berg“, sagten unsere Großväter vor 20 Jahren, und gut am Berg ist auch der Maximilian. Zügig geht es voran, für die erste Ausfahrt reicht das Parkdeck über den Dächern Hamburgs bald nicht mehr aus. Da ginge noch was, wenn denn der Platz reichen würde. Spontan reagiert der Roller auf Befehle der rechten Gas-Hand. Durch den vergleichsweise kurzen Radstand ist der Maximilian auch noch wendig.

In Höhe und Länge ist er nicht mit den üblichen Vespas zu vergleichen, sondern insgesamt viel kompakter. So wird schnell die Bestimmung der Tanten deutlich: Die Stadt ist ihr Revier. Zackig um die Poller, knapp gebremst, und die nächste Lücke im Verkehr ist die meine. Ein an- und abschwellendes Sirren ist die einzige Lebensäußerung von „Maxi“, sonst passiert nichts. Jedenfalls nichts, was sein Pilot nach kurzer Eingewöhnung nicht einschätzen könnte. Natürlich gibt es Fans, die ihre E-Roller auch außerhalb der Stadt einsetzen. Doch Spaß macht das mit Höchstgeschwindigkeiten je nach Modell von 20 bis 35 km/h nicht wirklich. Bei den Modellen bis 20 km/h entfällt die Helmpflicht. Bis zu 20 Kilometer Stadtverkehr sind ohne Aufladen möglich, mit dem Langstrecken-Akku sind es 30. Zwischen 1,5 und 4 Stunden muss Maximilian danach an die Leine der Steckdose, dann kann es weitergehen.

Wer kauft so etwas? Julian Köhler ist selbst überrascht und antwortet kurz und bündig: „Alle“, womit es erst Mal keine klar umgrenzte Käuferschicht gibt. Tatsächlich gibt es wenig Hindernisse, um sich einen Tante Paula vor die Tür zu stellen. Mit 28 Kilo Gewicht ist er noch leicht genug, um ihn beispielsweise als Beiboot vom Kleinwagen aus zu nutzen. Auch die Kosten zwischen knapp 900 für das Einsteigermodell (Ferdinand I.) bis zu 1.800 Euro für die teuerste und schnellste Version (Maximilian II.) sind noch kein Hindernis. „Auch Menschen über 60 kommen mit den Tante Paulas problemlos zurecht“, so Köhler.

Am besten findet er, dass die E-Roller so ein positives Image haben. „Noch nie hat sich jemand beschwert, wenn ich mit dem Roller an ihm vorbeigefahren bin. Das ist bei den herkömmlichen mit Benzinantrieb ganz anders“. Dem ist kaum etwas hinzuzufügen: Wer ein praktisches, nicht zu teures Nahverkehrsmittel für die Stadt sucht, fährt mit den Tanten entspannt und bekommt noch eine Menge Fahrspaß dazu.
 
Daten & Fakten
 
Motor500 Watt / weltweit patentiertes Antriebssystem
FederungGabel vorne 
Geschwindigkeit20 km/h
Reichweitebis 15 km 
Energiekostenca. € 0,23 / 100 km
Gewichtca. 25 kg 
zul. Gesamtgewicht125 kg
Steigfähigkeit10 - 12%
Ladezeitca. 3-4 Std.
Rahmenklappbar 
Farbeschwarz 
SonstigesSteuerfrei, keine Helmpflicht
PreisFerdinand I.: 899 (zuzüglich Versand 25 Euro)
Bezugsquellewww.tante-paula.de
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