2010: Strom wird teurer, damit er nicht verschenkt werden muss
Ab diesem Jahr wird sich der Wechsel des Stromanbieters noch mehr lohnen als bislang. Der Grund dafür ist absurd: Es gibt ein Überangebot an Strom in Deutschland. Doch wer jetzt auf die freie Marktwirtschaft setzt und sich auf sinkende Preise freut, wird bitter enttäuscht: Entgegen den Annahmen sorgt das Überangebot an Strom nicht für fallende, sondern steigende Strompreise.
Stellen Sie sich vor, Sie möchten im Supermarkt ein Sonntagsessen für die Familie kaufen. Rinderbraten mit Kartoffeln und Rotkohl soll es sein. Doch schon am Eingang fangen Sie die Verkäufer ab und machen Ihnen ein unschlagbares Angebot: Wenn Sie Schweineschnitzel mit Reis und Erbsen in den Einkaufskorb packen, müssen Sie nichts bezahlen. Im Gegenteil: Sie würden sogar noch Geld bekommen, wenn Sie nur diese Schweineschnitzel mitnehmen. Einzige Bedingung: Sie müssten nachweisen, dass Sie diese auch gegessen haben.
Absurde Vorstellung? Das mag sein, doch eine ähnliche Situation wird es auf dem Strommarkt im Jahr 2010 immer häufiger geben. Mit dem Unterschied, dass private Stromkunden 2010 draufzahlen und mitnichten Geld bekommen.
Wie kommt das? Der Grund für die steigenden Kosten liegt in sogenannten "negativen Strompreisen" an der Börse. Im Klartext bedeuten negative Strompreise nichts anderes als die Tatsache, dass Strom an der Börse nicht nur verschenkt werden muss. Es kann für den Stromanbieter sogar günstiger sein, dem Kunden Geld zuzustecken, damit er mehr Strom verbraucht.
Strom wird zu einem Teil an der deutschen Strombörse EEX in Leipzig gehandelt (siehe Foto). Dort gibt es zwei Märkte: Der langfristige Handel bis zu ein paar Jahren im Voraus sind die Terminkontrakte, um die es hier nicht geht. Durch Terminkontrakte verkaufen die Versorger an große Kunden feste Strommengen, die diese dann in Zukunft zum festgelegten Preis verbrauchen. Es gibt einen zweiten Markt, den "Spotmarkt". Hier werden Strommengen ebenfalls verkauft, jedoch ist die Abnahmezeit wesentlich kürzer. Das mag teils stundenaktuell sein, teils aber auch Strom betreffen, der am nächsten Tag geliefert (und verbraucht) wird.
Im Jahr 2009 gab es jedoch bis Okober mindestens 18 Mal den Fall, dass zu wenig Verbraucher den Strom haben wollten. Daraufhin entstanden die negativen Strompreise. Der Verkäufer musste also Geld dafür bezahlen, seinen Strom loszuwerden. Mit Geldgeschenken wurde dafür gesorgt, dass jemand den Strom verbrauchte. Wer immer dazu in der Lage war, konnte nettes Geld einstreichen. Dabei schwankte die gezahlte Summe stark, die Abnehmer für ihren Stromverbrauch bekamen. Mal lag das Entgelt für die Stromabnahme bei 0,06 Euro pro Megawattstunde (1.000.000 Watt pro Stunde), es wurden aber auch schon 500 Euro für die gleiche Menge bezahlt.
Warum der Endkunde davon nichts hat und warum man die Stromproduktion nicht drosseln kann, erfahren Sie im zweiten Teil des Artikels.