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Der Privatkunde zahlt für unflexible Kraftwerke


Die negativen Strompreise haben mehrere Gründe. Das sind die Physik, der Gesetzgeber und die Natur. Die Physik kann man nicht ändern. Strom lässt sich nicht direkt speichern, es braucht immer Umwege. Hinzu kommt, dass die Stromnetze sehr sensible Naturen sind. Es muss immer ein Gleichgewicht zwischen produzierter Strommenge und verbrauchtem Strom geben, sonst droht ein Blackout.

Das Gleichgewicht im Netz zu erhalten ist zwar ein komplizierter Vorgang, jedoch über Jahre geübt. Die größte Menge des verbrauchten Stroms ist lange im Voraus bekannt, die Kraftwerksbetreiber stellen sich darauf ein. Was sie jedoch nicht planen können, ist die Natur. So kommt es vor allem dann zu negativen Strompreisen, wenn kräftiger Wind die Stromproduktion der Windräder antreibt und dies in einer verbrauchsarmen Zeit passiert. Denn das Zuviel an Strom entsteht ohne lange Vorwarnung und auch nur für eine kurze Dauer. Die 500 Euro pro Megawattstunde gab es beispielsweise am 4. Oktober 2009 zwischen 2 und 3 Uhr nachts. Das reduziert die Möglichkeit, den Strom beim Kunden loszuwerden. Kein energieintensives Werk kann seine Arbeiter mitten in der Nacht aus dem Bett an die Maschinen beordern, um den günstigen Strompreis zu nutzen.

Die Windräder abzuschalten ist ebenfalls nicht möglich. Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass der Strom aus erneuerbaren Energien, also auch aus der Windkraft, aus politischen und Umweltgründen vorrangig ins Stromnetz gespeist werden muss. Jede Kilowattstunde, die ökologisch korrekt produziert wird, muss deshalb auch verbraucht werden.

Und die restlichen Kraftwerke? Warum kann man die nicht einfach drosseln? Hier kommt etwas zum Tragen, was Energiepolitiker und Umweltschützer seit langem kritisieren. Wie die meisten Europäer setzen auch die Deutschen auf einen Kraftwerkspark, der hauptsächlich aus Großkraftwerken besteht. Umweltschützer erklären deshalb seit langem, dass diese unflexible Denkweise überholt ist. Ein Gegenkonzept bietet beispielsweise der Ökostromanbieter LichtBlick mit seinem Schwarmstrom-Konzept an.

Der Kraftwerkspark in Deutschland besteht aus verschiedenen Typen. Da gibt es die Grundlast-Kraftwerke, die praktisch ununterbrochen laufen und den Strom produzieren, der in Deutschland auf jeden Fall verbraucht wird. Der Bau dieser meist kohlebetriebenen Kraftwerke ist in Deutschland immer schwieriger. Dazu gibt es Mittelllast- oder Spitzenlast-Kraftwerke, die bei Bedarf zugeschaltet werden können. Doch voll ausgelastete Windparks können diese Kalkulation zunichte machen. Dann schicken die Windmühlen zusätzlich zur Grundlast satte 20.000 Megawatt ins Netz, die verbraucht werden müssen. Zusammen ergibt das ein Überangebot an Strom in Netz.

Die Grundlastkraftwerke dann eben mit geringerer Leistung laufen zu lassen, ist bei dem veralteten Konzept der Großkraftwerke kaum möglich. Diese sind für derartige Fälle einfach nicht ausgelegt. Bevor ein solches Kraftwerk gebaut wird, schaut man sich den wahrscheinlichen Strombedarf an, den das Kraftwerk decken soll. Dessen technische Auslegung ist genau für diese Strommenge optimiert. Zwar können sie in Grenzen mehr oder weniger Strom als die vorausberechnete Menge produzieren, aber der Wirkungsgrad wird schlechter. Mit anderen Worten: Das Verhältnis zwischen eingesetzten Brennstoffen wie Kohle und der erzeugten Strommenge wird ungünstiger.

Natürlich könnten diese Kraftwerke ausgeschaltet werden, das geht sogar recht schnell. Doch dieser "Lastabwurf" ist für Notfälle gedacht. Passiert ein Unfall, müssen Kraftwerke aus Sicherheitsgründen schnell heruntergefahren werden können. Dabei können sie beschädigt werden, was im Falle eines Unfalls zweitrangig ist. Jedoch wird kein Betreiber ein Kraftwerk mit hohem Risiko für die Technik herunterfahren, weil der Stromverbrauch mal geringer ist. Das lohnt nicht bei einem lediglich kurzfristigen Überangebot. Vor allem deshalb, weil es schon im Normalfall bei einem Kohlekraftwerk Stunden braucht, bis es wieder Strom produziert. Bei Kernkraftwerken dauert das übrigens Tage.

Warum der Privatkunde dafür bezahlen muss, lesen Sie im dritten Teil.

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