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Drei Jahre Protest gegen Kohlekraftwerk


Lediglich mit einem Glas Sekt wollen die Aktivisten anstoßen, eine große Party zum dreijährigen Bestehen der Bürgerinitiative "Stopp Staudinger" ist für Samstag nicht geplant. "Richtig gefeiert wird erst, wenn die Pläne für Block 6 des Kohlekraftwerks ad acta gelegt sind", sagt BI-Sprecher Winfried Schwab-Posselt. Seit drei Jahren kämpfen Bürger aus der Region gegen das geplante Projekt des Energiekonzerns E.on in Großkrotzenburg bei Hanau. Entschieden ist noch nichts. Die Pläne liegen noch beim Regierungspräsidium Darmstadt zur Genehmigung. Doch die Gegner rechnen sich gute Chancen aus, dass die Anlage nicht gebaut wird.
 
Seit über einem Jahr steht der Ausbau des Kohlekraftwerks auf dem Prüfstand. Die Aktivisten schreiben sich auf die Fahne, dass das Prozedere so lange dauert. Schwab-Posselt vermutet, dass der Neubau andernfalls einfach durchgewunken worden wäre: "Wir hätten kein Raumordnungsverfahren gehabt, wären die Bürger nicht auf die Barrikaden gegangen." Innerhalb kurzer Zeit hätten die Mitstreiter damals 30.000 Unterschriften gesammelt. Die Politiker hätten gemerkt, dass sie die Pläne nicht gegen den Willen der Bevölkerung durchziehen könnten, sagt der BI-Sprecher. Doch für das Raumordnungsverfahren hatte die Behörde im Sommer 2009 grünes Licht gegeben, eine Entscheidung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren steht noch aus.
 
Das Regierungspräsidium hatte nach der Erörterung weitere Gutachten angefordert. Eine Entscheidung sollte im Frühjahr mitgeteilt werden, einen konkreten Zeitpunkt will die Behörde jedoch noch nicht benennen. Die Gegner des 1,2 Milliarden teuren Projekts setzen nicht viel Hoffnung auf den Ausgang: "Da müsste man schon sehr blauäugig sein", sagt Schwab-Posselt. Er geht davon aus, dass das Projekt mit kleineren Auflagen genehmigt wird: "Der Ausbau ist von der Landesregierung gewollt."
 
Die Gegner warnen vor den Folgen eines Ausbaus für Mensch und
Natur: Im Zuge der Erweiterung des Kohlekraftwerks werde die Gesundheitsbelastung für die Bürger in der Region enorm steigen, sagt Schwab-Posselt. Der Ausstoß des "Klimakillers" Kohlendioxid werde sich auf künftig acht Millionen Tonnen pro Jahr verdoppeln. Zudem werde die Belastung mit Schadstoffen wie Quecksilber, Feinstaub und Stickoxiden deutlich über dem jetzigen Wert liegen.
 
Doch der Sprecher zeigt sich optimistisch, dass der Block selbst im Falle einer Genehmigung nicht gebaut wird. Für E.on rechne sich die Erweiterung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht, sagt Schwab-Posselt. Spätestens wenn die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke beschlossen sei und die erneuerbaren Energien ausgebaut würden, rentierten sich Investitionen in die "veraltete Kohletechnik" nicht mehr. Er gehe davon aus, dass der Konzern die Pläne in der Schublade verschwinden lasse. Trotzdem will die Bürgerinitiative auf Nummer sicher gehen: "Wir werden weiterkämpfen, bis das Projekt endgültig vom Tisch ist". Anwälte bereiteten bereits Klagen vor.
 
Auch der Bund Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht gute Chancen. "Das Kraftwerk passt nicht in die Landschaft, es produziert zu viel CO2, es ist nicht wirtschaftlich, und die Schadstoffe sind zu hoch", sagt BUND-Landesgeschäftsführer Michael Rothkegel. Je mehr erneuerbare Energien ins Netz eingespeist würden, desto weniger Grundlastkraftwerke müssten 24 Stunden in Betrieb sein. Auch andere Energiekonzerne hätten jüngst die Pläne für Kohlekraftwerke stillschweigend aufgegeben. Als Beispiele führt er Mainz, Köln, Berlin, Dörpen, Emden und Greifswald an.
 
E.on-Sprecher Andreas Brandtner betont, dass der Bau von Block 6 weiterhin feste Absicht des Konzerns sei: "Sonst würden wir nicht den Aufwand betreiben." Der Bedarf für eine neue Anlage sei da, dafür könnten alte Kohlekraftwerke abgeschaltet werden. Dank moderner Technik würde der Block 20 Prozent weniger CO2 pro Kilowattstunde ausstoßen, auch die Abgabe von Schadstoffen werde optimiert.
 
E.on halte an den Plänen für Staudinger fest, "aber nicht ohne Wenn und Aber", fügt der Sprecher hinzu. Eine Investitionsentscheidung sei noch nicht getroffen, dafür werde erst die Genehmigung abgewartet. Anschließend würden die aktuellen Rahmenbedingungen begutachtet. Derzeit gebe es aber keinen Anlass, von den Prognosen abzurücken, sagt Brandtner.
 
 
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