Keine Kohlekraftwerke mehr - Sieg oder Deindustrialisierung?
Das Steinkohlekraftwerk in Düsseldorf wäre mit seinen rund 400 Megawatt elektrischer Leistung zwar nur ein kleineres Projekt bei den geplanten Kraftwerk-Neubauten in NRW gewesen. Doch die Entscheidung der Stadtwerke Düsseldorf, die Planungen für den Bau zu stoppen und stattdessen auf die Errichtung eines Erdgaskraftwerks zu setzen, ist in der Diskussion um den Nutzen und Bedarf an neuen Steinkohlekraftwerken ein symbolisches Zeichen.

BUND-Geschäftsleiter Jansen geht davon aus, dass allenfalls zwei bis drei der Steinkohlekraftwerke tatsächlich irgendwann einmal in Betrieb gehen. Die übrigen Kraftwerke sollen durch Klagen gestoppt oder durch Bürgerproteste schon in der Planungsphase verhindert werden. "Ursprünglich waren in NRW einmal 30 Projekte für neue Kraftwerke geplant - die Liste ist immer kleiner geworden", sagt er. Nach seiner Ansicht spiegelt sich im Widerstand gegen die als "Klimakiller" verschrienen Kraftwerke das "Bewusstsein für den Klimaschutz".
Solche Einschätzungen standen auch bei der Entscheidung der Düsseldorfer Stadtwerken Pate. "Die Lokalpolitik und auch die Bevölkerung positionierten sich gegen das Kraftwerk", sagt der Sprecher der Stadtwerke, Juan Cava Marin. Als sich deshalb eine "realistische Chance" auf den Bau eines Erdgaskraftwerks ergeben habe, habe man sich dafür entschieden. Politiker der CDU und der FDP, aber auch die SPD werfen den Gegnern der Steinkohlekraftwerke vor, NRW deindustrialisieren zu wollen. Zudem verweisen die Befürworter darauf, dass die Steinkohlekraftwerke aufgrund ihrer neuen Technologien einen besseren Wirkungsgrad haben und die Emissionen von Kohlendioxid (CO2) deutlich niedriger seien als bei den alten Blöcken. Diese wiederum würden abgestellt, wenn die neuen Anlagen in Betrieb gehen.
Auch Arbeitnehmervertreter teilen die Bedenken der Politik: Wenn neue Kohlekraftwerke in Deutschland nicht mehr gebaut werden könnten, sei "die wirtschaftliche Zukunft der Industrie in Gefahr", sagt etwa der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, Michael Vassiliadis. Allein aus erneuerbaren Energien könne die Grundlast für die Industrie bisher nicht gedeckt werden.
Neben dem Widerstand in der Bevölkerung müssen die Energieunternehmen bisweilen aber auch mit Problemen auf ihren Baustellen zurechtkommen. So gibt es beim Bau des RWE-Kraftwerks in Hamm-Uentrop Verzögerungen, weil das Stahlgerüst für einen Kessel der beiden Blöcke wegen Materialmängel neu errichtet werden muss. §Die Inbetriebnahme des ersten Blockes verzögert sich deshalb um rund zehn Monate auf Mitte 2012", sagt ein Sprecher der RWE Power AG.
Auch bei der Evonik-Tochter STEAG läuft nicht alles glatt. So wurden am Steinkohlekraftwerk in Walsum nach einer ersten Stromeinspeisung ins Netz undichte Stellen an einem Teil der Schweißnähte festgestellt. Die Untersuchung der Ursachen dauert an. Überdies verschob STEAG das Projekt Herne 5, weil "die Basis für eine wirtschaftliche Realisierung" nicht gegeben war. Man halte sich aber "die Möglichkeit offen, für das Projekt kurzfristig einen Baubeschluss treffen zu können", hieß es.

Die Bemühungen von E.on, den teilweisen Baustopp am Kraftwerk wieder aufzuheben, haben jetzt jedoch einen Dämpfer bekommen. Die Bezirksregierung Münster wies den Antrag von E.on zurück, Teile des Kraftwerks weiterzubauen, die von dem Stopp betroffen sind. Dies ist nach Ansicht der Behörde nicht möglich, da wegen des fehlenden Bebauungsplans keine "baurechtliche Legitimation" vorhanden ist.
(ddp / <span>Michael Bosse)</span>
(ddp / <span>Michael Bosse)</span>
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