Wale sind keine CO2-Schleudern - im Gegenteil
Die Pottwale des Südpolarmeeres entfernen im Gegensatz zu den bisherigen Annahmen der Wissenschaftler pro Jahr rund 200.000 Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid aus der Atmosphäre - zumindest indirekt, wie australische Forscher herausgefunden haben: Die eisenhaltigen Ausscheidungen der Tiere bilden nämlich die Nahrungsgrundlage für Phytoplankton.
Diese Photosynthese betreibenden Mikroorganismen fixieren das Kohlendioxid und bilden daraus energiereiche Kohlenstoffverbindungen, die wiederum als Nahrung für andere Lebewesen dienen. Der kommerzielle Walfang bedrohe daher nicht nur die Populationen der Meeressäuger, sondern sorge auch dafür, dass große Mengen Kohlendioxid in der Atmosphäre verbleiben, berichten die Wissenschaftler um Trish Lavery von der Flinders University in Adelaide im Fachmagazin "Proceedings of the Royal Society B".
Wale atmen Kohlendioxid aus, und das nicht zu knapp - was bei bis zu 25 Metern Körperlänge auch kein Wunder ist. Einige Wissenschaftler wiesen ihnen aufgrund dessen sogar eine Teilschuld an der Erhöhung des schädlichen Treibhausgases in der Atmosphäre zu. Trish Lavery und ihre Kollegen konnten nun am Beispiel von Pottwalen aus dem Südpolarmeer das Gegenteil beweisen. Die dort lebenden Wale stoßen jährlich zwar rund 200.000 Tonnen Kohlendioxid aus, doch im Gegenzug sind sie für die Entfernung von etwa 400.000 Tonnen aus der Atmosphäre verantwortlich. Dafür sorgt ihre besondere Verbindung zum marinen Phytoplankton.
Als Betreiber der Photosynthese ist das Phytoplankton, also das pflanzliche Plankton, für die Produktion von mehr als der Hälfte des Sauerstoffs in der Atmosphäre verantwortlich. Bei der Bildung von Sauerstoff wird gleichzeitig Kohlendioxid gebunden. Die mikroskopisch kleinen Algen benötigen für ihr Wachstum neben einer Vielzahl von anderen Stoffen auch Eisen. Etwa zwanzig Prozent der globalen Meere haben jedoch nur geringe Eisenvorkommen. Hier sind die Mikroorganismen daher auf die eisenhaltigen Ausscheidungen von Pottwalen und ihren Verwandten angewiesen.
Zur Nahrungssuche tauchen Pottwale in Tiefen bis zu drei Kilometern ab. Da währenddessen nur die lebensnotwendigsten Körperfunktionen aufrechterhalten werden können, erleichtern sich die Tiere nahe der Wasseroberfläche - und schaffen damit ideale Bedingungen für das Phytoplankton, das im oberen, lichtdurchfluteten Bereich des Wassers, der sogenannten euphotischen Zone, treibt. Nur hier ist eine effektive Photosynthese möglich. Zudem verteilen sich die flüssigen Pottwal-Exkremente gut und verbleiben für lange Zeit im Wasser.
Der kommerzielle Walfang sei somit für zweierlei Übel verantwortlich: Aufgrund des Populationsrückgangs vieler Walarten in den Gewässern des Südpolarmeers verbleiben nach Schätzungen der Wissenschaftler jährlich mehr als zwei Millionen Tonnen Kohlendioxid in der Atmosphäre. Zudem sorge die extensive Walfischerei für einen jährlichen Rückgang von 450 Tonnen Eisen in der euphotischen Zone. Dieser Verlust an Nährstoffen hat nach Ansicht der Wissenschaftler nicht nur auf das Phytoplankton einen großen Einfluss, sondern auch auf die allgemeine Dynamik der Nahrungskette des Ozeans.
(ddp/wde/mhi)
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