Experte: „Bei Kleinwindanlagen sind Standort und Technik entscheidend“
Wie steht es um die Marktreife der Kleinwindanlagen für den Privatgebrauch? Worauf müssen Kunden oder Interessenten achten? Wir fragten einen ausgewiesenen Experten: Paul Kühn arbeitet im IWES, einem neugegründeten Fraunhofer-Institut in Kassel für Windenergie und Energiesystemtechnik. Paul Kühn ist Fachmann für Windenergieanlagen und promoviert zum Thema „Kleinwindanlagen“. Dabei stützt er sich unter anderem auf nationale und internationale Feldtests, die er auswertete.
Stromtipp.de: Herr Kühn, das Interesse an Kleinwindanlagen nimmt immer mehr zu, aber in der Realität sieht man hierzulande kaum welche. Großbritannien oder die USA sind da viel weiter. Woran liegt das?
Stromtipp.de: Aber bei uns wird die Windenergie doch auch gefördert – warum halten sich die Käufer so zurück?
Kühn: Wenn Sie sich die technische Entwicklung der Windenergieanlagen ansehen, hat es seinen Grund, warum diese Anlagen immer größer geworden sind. Und die Fortschritte sind enorm: Aus den kleinen Anlagen mit durchschnittlich 30 Kilowatt und Rotordurchmessern von 15 Meter Mitte der 80er haben sich heute Anlagen mit Nennleistungen von 6.000 Kilowatt und Rotordurchmessern von über 120 Meter entwickelt. Eine Faustregel lautet: Je größer und höher Anlagen sind, desto geringer sind die Kosten pro erzeugter Kilowattstunde. Der Wind an sich ist umsonst, aber ich kann ihn nicht kostenlos erreichen. Ist der Mast nicht hoch genug, sinkt die Leistung drastisch. Das gilt auch für Kleinwindanlagen.
Stromtipp.de: Also ist die finanzielle Förderung nicht ausreichend?
Kühn: Die Förderinstrumente sowie die Bestimmungen in Deutschland sind für große Anlagen ausgelegt. Bedenken Sie: Der verwaltungstechnische Aufwand, der Anschluss an das Stromnetz und diverse andere Kosten wie zum Beispiel das Finden des idealen Standortes sind ähnlich hoch wie bei einem großen Windrad. Eine Hoffnung liegt im Eigenverbrauch: Hier spart der Betreiber einer Kleinwindanlage 20 Cent pro Kilowattstunde, statt eine Vergütung von nur 8 Cent pro Kilowattstunde wie bei großen Anlagen zu erhalten.
Stromtipp.de: Ist die nicht-angepasste Förderung der einzige Grund für den ausbleibenden Markterfolg der Heim-Windräder?
Kühn: Nein, wir werden wahrscheinlich nie eine ähnliche Einsatzdichte wie in Großbritannien erreichen. Der Grund dafür ist einfach, dass uns genügend gute Standorte fehlen. Sie brauchen mittlere Windgeschwindigkeiten von 5,5 besser noch 6 Meter pro Sekunde, und die gibt es hierzulande meist nur an den Küsten. Auch noch einige Lagen im Mittelgebirge würden sich lohnen, aber insgesamt ist diese mittlere Windgeschwindigkeit in niedrigen Nabenhöhen viel seltener als bei unseren britischen Nachbarn. Leider kann sich der Käufer auch bezüglich der Qualität der angebotenen Anlagen nicht sicher sein. Diese Unsicherheit trägt ebenfalls zur Zurückhaltung bei.
Stromtipp.de: Interessenten könnten doch einfach in eine Windkarte schauen, dann wissen sie, ob es sich lohnt.
Kühn: Leider nicht. Windatlanten haben ein viel zu großes Einzugsgebiet, das hilft Ihnen kaum bei der Entscheidung. Falls Sie eine große Anlage bauen wollen, dann gehen Sie dahin, wo der Wind weht. Betreiber von Kleinwindanlagen sind dagegen meist an ihren unmittelbaren Standort gebunden. Kleinwindräder müssen also direkt am Bauplatz gute Windbedingungen vorfinden. Das sind beispielsweise ein möglichst freies Feld, Platz zum Bau, eher keine Tallagen. Auch eine Kleinwindanlage direkt auf dem Hausdach ist problematisch, denn das Dach stört die ideale Anströmung mit eigenen Verwirbelungen.
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