Info: Die INES-Skala zur Bewertung von Atomunfällen
Die Internationale Bewertungsskala für nukleare Ereignisse (International Nuclear Event Scale - INES) wurde 1990 entwickelt, um für die komplexen Abläufe bei Nuklear-Zwischenfällen eine leicht verständliche sicherheitstechnische Einstufung vornehmen zu können. Hierfür wurde von der Internationalen Atomeenergieagentur
(IAEA) und der Gesellschaft für wirtschaftliche Zusammenarbeit ein sieben Stufen umfassendes System aufgestellt: von Stufe 7 "katastrophaler Unfall"/"major accident" bis Stufe 1 "Störungen"/"anomaly". In die inoffizielle Stufe 0 werden Zwischenfälle ohne sicherheitstechnische Relevanz eingeordnet.
Die INES-Skala bewertet nicht nur Zwischenfälle in Kernkraftwerken, sondern auch bei Transport und Lagerung sowie beim Umgang mit Strahlenquellen.
Für die vereinfachte Einstufung in die INES-Skala werden verschiedene Kriterien herangezogen und gewichtet. Dazu gehört die Kategorie "Auswirkungen auf Mensch und Umwelt", also die Einstufung in Abhängigkeit von der freigewordenen Strahlendosis, dem Ausmaß der Verseuchung und der deswegen notwendigen Gegenmaßnahmen. Unter den Aspekt "Radiologische Barrieren und Überwachungsmaßnahmen" fallen alle Kriterien, die innerhalb einer Atomanlage relevant werden: Wurden dort Grenzwerte überschritten? Wie stark sind Arbeitsbereiche der Mitarbeiter verstrahlt? Hat der Reaktorkern etwa durch eine Kernschmelze Schaden genommen und droht die Freisetzung großer Mengen radioaktiver Materialien? Weiterhin gibt es das Kriterium "Zustand der Sicherheitssysteme". Darunter fallen die Vorkommnisse, bei denen die oft mehrfach vorhandenen und gestaffelten Sicherheitssysteme betroffen sind.
INES Stufe 1 - Störung
Eine Störung wird gemeldet, wenn zum Beispiel jemand ein höhere Strahlendosis abbekommen hat, als innerhalb eines Jahres zulässig. Oder wenn kleinere Probleme mit den Sicherheitssystemen auftreten, wobei die Sicherheitsvorkehrungen insgesamt aber nicht signifikant beeinträchtigt sind.
INES Stufe 2 - Störfall
Ein Zwischenfall wird als Störfall eingestuft, wenn zum Beispiel ein Unbeteiligter eine Strahlendosis von 10 Millisievert, also das Zehnfache der zulässigen Jahreshöchstbelastung, abbekommt. Oder wenn in Arbeitsbereichen der nuklearen Anlage eine Strahlenbelastung von mehr als 50 Millisievert pro Stunde gemessen wird. Oder wenn es in den Sicherheitssystemen der Anlage eine signifikante Störung gibt, die aber noch keine aktuellen Folgen hat.
INES Stufe 3 - Ernster Störfall
Bei einem Ernsten Störfall wurden Arbeiter verstrahlt, wobei der Grenzwert für deren maximale Jahresstrahlungsdosis (die zwanzig mal so hoch ist wie für Unbeteiligte) um das Zehnfache überschritten wurde. Oder wenn es zu gesundheitsschädlichen Strahlenbelastungen kommt, die zwar - wie Verbrennungen - deutlich feststellbar, aber noch nicht tödlich sind. Oder wenn es zu einer schwerwiegenden Verstrahlung von Kraftwerksbereichen kommt, ohne dass Strahlung in die Umwelt entweicht, oder wenn Arbeitsbereiche mit einem Sievert pro Stunde verstrahlt sind. Oder wenn es zu einem Beinahe-Unfall im Kernkraftwerk kommt und dabei alle Sicherheitsvorkehrungen genutzt werden mussten.
INES Stufe 4 - Unfall
Ein Zwischenfall wird als Unfall eingestuft, wenn die Konsequenzen lokal begrenzt bleiben. Wenn es etwa durch die Strahlung einen Toten gibt. Oder nur so wenig Radioaktivität in der Umwelt frei wird, dass als Gegenmaßnahmen lediglich die Kontrolle der Strahlenbelastung von Lebensmitteln notwendig wird. Oder wenn der Reaktorkern in geringem Umfang beschädigt wird. Oder wenn es zu einer erheblichen Verstrahlung von Kraftwerksbereichen kommt und die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass Radioaktivität frei wird.
INES Stufe 5 - Ernster Unfall
Bei einem Ernsten Unfall wird so viel Radioaktivität freigesetzt, dass einige Gegenmaßnahmen ergriffen werden müssen. Oder es gab mehrere Tote durch Strahlung. Oder es kam zu einem schwerwiegenden Schaden am Reaktorkern, also etwa eine Kernschmelze. Oder es wurden innerhalb der Anlage große Mengen Strahlung frei und die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass diese in die Umwelt gelangt. Etwa durch ein größeren kritischen Zwischenfall oder ein Feuer.
INES Stufe 6 - Schwerer Unfall
Wenn es zu einer erheblichen Freisetzung von radioaktivem Material kommt und der volle Einsatz der Katastrophenschutzmaßnahmen notwendig wird, gilt das als Schwerer Unfall.
INES Stufe 7 - Katastrophaler Unfall
Beim Katastrophalen Unfall kommt es zur Freisetzung enormer Mengen radioaktiven Materials in einem großen Gebiet mit weitreichenden Folgen für die Umwelt und die Gesundheit von Menschen. Er erfordert Gegenmaßnahmen, die über die Katastrophenschutz-Planungen hinausgehen.
(Steffen Mayer / dapd)