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Erst mit der Umstellung auf Erdgas in den 60er Jahren wurden Verbindungen zwischen den kommunalen Verbrauchernetzen nötig, welche bisher überwiegend voneinander isoliert eigenproduziertes Gas transportierten. Das deutsche Erdgasleitungsnetz ist seit 1970 um 380 Prozent gewachsen, wobei bei den Fernleitungen eigentlich nicht von einem Netz gesprochen werden kann. Sie sind Einbahnstraßen, die das Erdgas zum Teil über weite Strecken von seinen Quellen zu den Verbrauchernetzen bringen.
Mehrere große Gaspipelines wurden gebaut, die vor allem aus Osteuropa und der Nordsee nach Deutschland führen. Sie werden zum Teil von den Erdgasproduzenten, zum Teil von den Gasimportgesellschaften betrieben, von denen in Deutschland sieben aktiv sind: E.on Ruhrgas, RWE Energy, RWE, Wingas, ExxonMobil, Verbundnetz Gas (VNG), Shell und Erdgas Münster.
Von diesen Gasimporteuren beziehen die acht regionalen Gasversorger den größten Teil des Gases, welches sie an ihre Kunden, Stadtwerke und industrielle Großkunden, weiterleiten. Das sind die Gasversorgung Süddeutschland (GVS), Bayerngas, Gasunion, Saar Ferngas, EWE, E.on Avacon, Ferngas Nordbayern (FGN) und die Erdgasversorgungsgesellschaft Thüringen Sachsen (EVG).
Die circa 40 Regionalgesellschaften sowie circa 650 örtliche Gasversorgungsunternehmen (häufig Stadtwerke) beziehen das Gas von diesen "Weiterverteilern" und leiten es durch ihre lokalen Netze bis zu den privaten Hausanschlüssen. Diese verschiedenen Marktebenen sind aber eigentumsrechtlich stark verflochten. So gehört zum Beispiel dem E.on-Konzern sowohl der führende Gasimporteur E.on Ruhrgas als auch die E.on Avacon und Anteile an vielen kleineren Regionalversorgern und Stadtwerken.
Ähnlich wie beim Strom zwischen Hoch- und Niederspannung wird beim Erdgas zwischen Hochdruck- und Niederdruckleitungen unterschieden. Das Hochdrucknetz besteht aus den Fernleitungen, während das Niederdrucknetz der Versorgung von (privaten) Endverbrauchern dient. Gasdruckregelanlagen, quasi die Trafo-Stationen des Erdgasnetzes, verbinden die Hochdruckleitungen mit den Verteilungsnetzen und sorgen für konstante Druckverhältnisse im Verteilungsnetz.
Erst 1998 wurden mit dem neuen Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) die bis dahin gesetzlich anerkannten, geschützten und überwachten Gebietsmonopole der Gasversorgungsunternehmen aufgehoben. Das EnWG fordert eine wettbewerbliche Organisation der Gasversorgung, in der die Verbraucher zwischen mehreren Gasanbietern wählen können. Bis jetzt sind wir davon allerdings noch weit entfernt – nur langsam kommt der Gasmarkt in Schwung.
Wie auf dem Strommarkt besteht das größte Hindernis auf dem Gasmarkt darin, dass die meisten Teile des Gasnetzes von Unternehmen betrieben werden, die gleichzeitig Gas handeln. Das verschafft ihnen vielfache Vorteile gegenüber Wettbewerbern, denen sie die Durchleitung mit der Begründung verweigern, es fehlten Kapazitäten oder ihnen überhöhte Netzgebühren abverlangen.