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Pipelinebau: Nabucco bekommt Aufwind


Die geplante, aber noch nicht beschlossene Pipeline Nabucco war bislang ein Phantom: Immer, wenn es ernst wurde in Europas Gasversorgung, zogen EU-Politiker die Schublade auf - und darin lag der Plan zum Bau der 3.300 Kilometer langen Pipeline, die nach einer Oper des italienischen Komponisten Giuseppe Verdi benannt wurde und 2014 erstes Gas liefern soll.

Zuletzt wurde das Thema Nabucco im Gasstreit zwischen der Ukraine und Russland heiß. Denn Nabucco hat einen unschätzbaren Vorteil für Europa: Sie führt nicht über ukrainisches Staatsgebiet, kann also bei einem erneuten Streit zwischen diesen Ländern nicht boykottiert werden. Damit nicht genug der Votreile: Nabucco ist so angelegt, dass sie nicht einen Mikro-Kubikmeter russisches Gas transportiert. Die Trasse führt auf europäischem Gebiet bis nach Österreich und startet in der Türkei. Gleichzeitig ist das auch der größte Nachteil von Nabucco: Bislang war überhaupt nicht klar, wessen Erdgas sie überhaupt transportieren würde - es fand sich kein Gas-Lieferant für die rund 8 Milliarden Euro teure Pipeline.

Erdgas kommt weltweit vor allem in Asien und zum allergrößten Teil in der "Strategischen Ellipse" (siehe Grafik) vor. Diese Elipse ist ein gedachtes Gebiet zwischen der arabischen Halbinsel und Russlands Norden, in dem es aus energiepolitischer Sicht zwei Sachen gibt: Erdöl und Erdgas. Aus politischer Sicht fehlt eines jedoch erheblich: Demokratie und politische Stabilität. Und so mangelte es dann an dem Adressaten des Wunsches der EU-Politiker: eines Lieferanten für Erdgas, der sich auf Dauer als zuverlässig erweisen würde.

Jetzt allerdings kommt Bewegung ins Spiel. Ein Konsortium aus europäischen und arabischen Energiekonzernen präsentierte ein acht Milliarden Dollar schweres Paket, wonach Gas aus der irakischen Region Kurdistan durch die Leitung Richtung Westen gepumpt werden soll. Hier gab es zwar inner-irakische Diskussionen, aber eine Gaslieferung als solches wird nicht bestritten. Das könnte durch Gas aus Kasachstan ergänzt werden. Und sollte auch das nicht reichen: Spätestens, wenn die Gaspreise wieder explodieren wie im Sommer 2008, werden auch die politisch bislang verpönten Gaslieferanten Irak sowie der Iran wieder ins Spiel kommen.

Zugute kommt den Europäern, dass der Riese Russland derzeit lahmt. Die Energiepreise und damit die Haupteinnahmequelle des Riesenreiches sind zusammengebrochen. Russlands Gasmonopolist Gazprom ist selbst getroffen, überprüft seit längerem alle Investitionen und streckt sie, wo immer möglich. Das geht so weit, dass selbst in moderne Förderanlagen kaum noch investiert wird, wo am einfachsten eine Steigerung der Produktion möglich wäre. Wozu aber auch eine Produktionssteigerung, jedenfalls kurzfristig gesehen? Russland produziert derzeit viel mehr Erdgas, als die von der Wirtschaftskrise gebeutelten Kunden derzeit abnehmen können.

Und es sieht nicht danach aus, als ob es für die Russen in nächster Zeit besser wird. Gazprom hat riesige Außenstände, zum Bespiel in der Ukraine. Was ist das für ein Schuldner? Das Land hängt am finanziellen Tropf des IWF und ist faktisch pleite. Und die Ukraine streitet sich mit Russland über die Transitgebühren für die Durchleitung russischen Gases nach Europa. Hier streiten sich zwei Verlierer: Ebenso dingend, wie die Ukraine die Transitgebühren für das Gas braucht, muss Russland dieses Erdgas an die EU verkaufen. Ein Patt zwischen Verzweifelten.

Russland will dieser Situation mit aller Macht entgehen. Spätestens wenn die Ostsee-Pipeline ihren Betrieb aufnehmen sollte oder die Nabucco-Pipeline über den Bosporus steht (Siehe Grafik der Nabucco-Route), wird das ukrainische Problem gelöst sein. Doch das dauert, und da erscheint Russlands aktuelle Ankündigung, die Kapazität der South-Stream-Pipeline über die Türkei von 31 auf 63 Milliarden Kubikmeter verdoppeln zu wollen, wie ein Papiertiger. Das alles wird zu lange dauern, um die Probleme zu lösen.

Derzeit sieht es so aus: Die Ostsee-Pipeline, North Stream genannt, wird gebaut. Unter anderem sie versorgt Europa mit russischem Erdgas. Dazu kommen noch die langfristigen Verträge der Russen mit der Ukraine über die Lieferung von Gas durch deren Leitungen nach Europa. Die beiden anderen Pipelines nach Europa sind South Stream durch Südeuropa und Nabucco auf ähnlicher Linie. Sie unterscheiden sich in zwei Dingen: Durch die eine fließt russisches Erdgas (South Stream) und diese Pipeline ist auch noch teurer. Durch die andere jedoch, Nabucco, fließt Gas, welches Europa von russischen Lieferungen unabhängiger macht. Dass sie europaweit politisch gewollt ist und auch noch billiger kommt, ist da kein Schaden.

 

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